INDIEN: Finanzminister stellt die Kriminalisierung von Homosexualität in Frage

INDIEN: Finanzminister stellt die Kriminalisierung von Homosexualität in Frage
In Indien urteilte seinerzeit ein Obergericht in New Delhi, dass der gleichgeschlechtliche Sex legalisiert werden muss. 2013 kam dann jedoch das Supreme Court dazwischen und stellte den schwullesbischen Sexualakt wieder unter Strafe. Dieses Urteil stellt der indische Finanzminister nun in Frage und er fordert, dass die Richter des Obersten Gerichts diesen Fall nochmals neu beurteilen sollen.

Es ist das erste Mal, dass ein führender Minister der indischen Regierung öffentlich die Entkriminalisierung von einvernehmlichem Sex zwischen zwei Erwachsenen des gleichen Geschlechts unterstützt. Mit dieser Haltung überraschte der indische Finanzminister Arun Jaitley. Er forderte das Supreme Court auf, sein Urteil aus dem Jahr 2013 nochmals zu überdenken. Denn, zuvor war der gleichgeschlechtliche Sex für rund vier Jahre legal in Indien.

Es herrscht in Indien ein wahres, juristische Hickhack, wenn es um das Thema des schwullesbischen Sex geht. Im Jahr 2009 urteilte das Obergericht von New Delhi, dass dies im privaten Bereich und einvernehmlich legal sei, doch verschiedenste, religiöse Gruppierungen gingen darauf auf die Barrikaden und zogen den Fall weiter an das Supreme Court, welches im Jahr 2013 urteilte, dass der gleichgeschlechtliche Sexualakt doch wieder illegal ist. Dieses Urteil führte zu heftiger Kritik rund um den Globus. Die Richter urteilten damals, dass sie das geltende Gesetz in Indien nicht ändern können, und dass es nun an der Politik sei, die entsprechenden Reformen voranzutreiben. Doch kaum ein Politiker traut sich das heisse Eisen Homosexualität anzufassen, denn dies ist noch immer ein enormes Tabu in Indien und bringt sofort massive Wählerverluste mit sich. Aus diesem Grund sind die Aussagen des Finanzministers umso erfreulicher und auch mutiger.

Diese Aussagen machte Arun Jaitley, selber Mitglied der rechten Hindu Partei Bharatiya Janata Party (BJP) an einem Literatur-Event, und zwar als Privatperson und nicht in seiner Funktion als Finanzminister. Er würde es sich wünschen, dass dieses Urteil nochmals neu angeschaut werde, erklärte er, denn diese Denkweise sei vor fünfzig Jahren vielleicht relevant gewesen, doch nicht mehr heute. Das Urteil, welches gleichgeschlechtlichen Sex verbiete passe nicht mit der sich entwickelnden Rechtssprechung überein und müsse daher nochmals beurteilt werden. Wenn Millionen von Menschen auf der ganzen Welt eine andere sexuelle Neigung haben, dann sei es nicht zeitgemäss, wenn man findet, dass diese ins Gefängnis gehören. Das Urteil des Obergericht von New Delhi sei da viel akzeptabler gewesen, erklärte Jaitley laut „The Times“ weiter.

Arun Jaitley tritt damit gegen die Haltung seiner Partei an, denn diese befürwortet offiziell das Urteil des Obersten Gerichts. Doch auch schon sein Vorgänger als Finanzminister, P Chidambaram, sagte am gleichen Anlass, dass das Urteil des Obergerichts wunderbar gewesen sei, und dass das Oberste Gericht bei dieser Haltung hätte bleiben sollen. Laut Medienberichten hat es im Jahr nach dem Urteil des Supreme Court insgesamt 385 Anklagen gegen Personen gegeben, welche einvernehmlichen, gleichgeschlechtlichen Sex hatten. Laut der Sektion 377 im Strafgesetz können sie dadurch zu einer Haftstrafe von bis zu 10 Jahren verurteilt werden, denn dies sei ein „Akt wider der Natur“.