ÖSTERREICH: Ist die Wiener Pride in Gefahr?

ÖSTERREICH: Ist die Wiener Pride in Gefahr?
Durch Einschränkungen des Demonstrationsrechts, welche Innenminister Wolfgang Sobotka einführen will, könnte auch die Durchführungen der Regenbogenparade in Wien auf der Kippe stehen: So soll neu unter anderem bei jeder Demonstration ein Verantwortlicher für sämtliche Sachbeschädigungen haftbar gemacht werden können. Dies bedeutet ein enormes Risiko für eine Einzelperson. Weiter sollen Spassdemos gleich ganz verboten werden – welche Veranstaltungen aber darunter fallen, wollte der Innenminister noch nicht bekannt geben.

Die Wogen gehen nach der Ankündigung des österreichischen Innenministers Wolfgang Sobotka hoch, wonach er das Demonstrationsrecht offenbar einschränken möchte. Die Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien, welche jeweils die Regenbogenparade in Wien organisiert, fordert nun gar den Rücktritt des ÖVP-Politikers. Sie befürchten nämlich, dass die Wiener Pride damit auf der Kippe stehen könnte. Unter einer konservativen Regierung könnte die Regenbogenparade ihrer Ansicht nach kurzerhand verboten werden, befürchten sie, und dies gleich aus mehreren Gründen. Sobotka fordert nämlich, dass das Innenministerium auch festlegen dürfen soll, wo und wann demonstriert werden darf, etwa um Verkehrsbehinderungen oder Umsatzeinbussen bei betroffenen Geschäften zu verhindern.

Laut HOSI Wien könnte daher die Regenbogenparade verboten werden, wenn sich eine Gruppe von homophoben Geschäftsinhaber zusammenschliessen und grosse Umsatzeinbussen geltend machen wollen. Auch könnten Verkehrsbehinderungen auf der Ringstrasse als mögliche Gründe ins Feld geführt werden. Sollte die Regenbogenparade zudem trotz der politischen Botschaft als Spassdemo eingeordnet werden, könnte die Bewilligung ebenfalls entzogen werden. HOSI Wien sieht zudem auch in der Ernennung eines Versammlungsleiters eine Gefahr: Dies sei eine klare Einladung dazu, einen Veranstalter in den Ruin zu treiben. Gegner der Anliegen könnten sich nämlich unter die friedlichen Teilnehmer mischen und mutwillig Zerstörungen anrichten, welche dann durch den Versammlungsleiter bezahlt werden müssten. Solche Vorschläge wie jene von Sobotka, meinte der Vorsitzende von HOSI weiter, würde man sonst nur aus Städten wie Belgrad kennen.

HOSI Wien, aber auch andere Organisationen wie Amnesty International kritisieren den Vorschlag von Sobotka massiv und sprechen von einem breitangelegten Anschlag auf die Grund- und Menschenrechte. Es dürfe nicht sein, dass eine Regierung selber entscheidet, wann gegen sie demonstriert werden darf und wann nicht. Gar bereits eine Onlinepetition eingerichtet hat die Menschenrechtsorganisation SOS-Mitmensch.

Auch von den politischen Gegnern hagelt es Kritik gegen den Innenminister: Als völlig inakzeptabel bezeichnete etwa SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim die Vorschläge. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler nannte das Recht auf Versammlungsfreiheit zudem ein hohes Gut, womit nicht gespielt werden dürfe. Der Innenminister sei der grösste Gefährder der Verfassung meinte auch Peter Pilz, der Sicherheitssprecher der Grünen. Geht es nach den NEOS, dem Neuen Österreich und Liberalen Forum, so hat Sobotka mit diesem Vorschlag eine rote Linie überschritten. Zudem dürfe der Staat nicht entscheiden, welche Demonstrationen ihm passen und für wen die Grundrechte gelten.

Der angesprochene Innenminister übt sich derweil in Schadensbegrenzung: Er wolle die Meinungsfreiheit als Grundrecht nicht einschränken, heisst es in einer Stellungnahme, und selbstverständlich werde der Gesetzesentwurf verfassungskonform ausgearbeitet und auch die Europäische Menschenrechtskonvention werde berücksichtigt. Weiter bekräftigt Sobotka, dass es bei den Einschränkungen oder dem Verbot von Demonstrationen lediglich darum gehe, etwa Lärm im Umfeld von Krankenhäusern zu vermeiden. Es seien dabei nicht die wirtschaftlichen Interessen, welche diese Massnahme betreffe. Was den Versammlungsleiter und dessen Haftung betreffe, so müsse dieser nur dann seine Verantwortung übernehmen, wenn ihm nachgewiesen werden könne, dass er ein rechtswidriges oder ein schuldhaftes Verhalten an den Tag gelegt habe. Nach ein paar negativen Erfahrungen wolle man mit den neuen Richtlinien nur mehr rechtliche Sicherheiten und klarere Regulierungen schaffen, führte der Politiker weiter aus.