INTERVIEW/FILM: Glow

INTERVIEW/FILM: Glow
Der Film dreht sich um die Schweizer Ausnahmeerscheinung Irene Staub, bzw. Lady Shiva, welche als Ikone der bewegten Epoche zwischen 1968 und den späten 80er Jahren gilt. Gabriel Baur ist mit ihrer mehrfach ausgezeichneten Dokumentation "Venus Boyz" ebenfalls keine Unbekannte. In einem Gespräch mit ihr konnten wir hinter den Vorhang blicken und deren Protagonisten kennenlernen.

Möchte man Irene und ihr Leben kurz zusammenfassen, dann vielleicht so: Eine Frau mit einem einzigartigen Style, die eine magische Ausstrahlung hatte. Sie war Muse, Model und Performerin. Ihr Leben bewegte sich zwischen Erfolg, Freiheitsdrang und Selbstzerstörung. Ihr Tod konnte nie restlos geklärt werden, was sie vielleicht noch mehr zu einem Mythos gemacht hat.

Gabriel hat sich bei "Glow" auf einen besonderen Teil aus Irenes Leben konzentriert: "Ich wollte nicht einfach eine klassische Dokumentation machen… Geburt, Leben und Tod." So eine Doku wäre wahrscheinlich gar nicht zustande gekommen. Gabriel erzählt uns: "Ich war im Besitz von bisher beinahe unbekannten Video-Sequenzen, bei denen es vor allem um Irenes grosse Leidenschaft ging: das Singen." Doch umso mehr Gabriel recherchierte, umso mehr wurde sie von der Person gepackt. Sie stand zugleich vor einer grossen Herausforderung: Die vielen Facetten von und in Irenes Leben machten Gabriels Vorhaben einen – ursprünglich kurz gedachten - Doku-Film zu drehen, nur noch komplexer.

Es wurde nicht einfacher, als Ursula Rodel, welche eine wichtige Schlüsselrolle im Leben von Irene gespielt hat, anfangs nicht vor der Kamera mitmachen wollte. Gabriel gab die Hoffnung jedoch nie auf. Da sich durch die Recherchen ein immer grösseres Vertrauen aufgebaut hatte, willigte Ursula schliesslich ein, bei den Dreharbeiten dabei zu sein. Sie wurde zu einer grossen Hilfe für Gabriel, denn dadurch eröffneten sich neuen Schatzkisten, mit zusätzlichem, persönlichen Material: "Ursula war mit ihren Gefährtinnen von „Thema Selection“ zusammen nicht nur ihre Entdeckerin, als brillante Kleider-Designerin hat sie viel zum Erscheinungsbild von Irene beigetragen. Was mich aber am meisten berührte, war ihre Freundschaft und ihre Liebe." Doch, man kann es sich vorstellen: Eine Beziehung zu (und mit) Irene war kein leichtes Unterfangen. Den Film "Glow" zu drehen war ausserdem eine grosse Herausforderung: "Während den Recherchen bin ich schon vor dem einen oder anderen Minenfeld gestanden…"

"Glow" zeigt, wie Irene in einem ausserirdischen Film mitwirkt, wie sie auf dem Laufsteg erscheint, wie sie in den Proben erstmals mit ihrer Stimme experimentiert und wie sie fast unbekümmert über ihre Arbeit als Prostituierte erzählt. Gabriel gibt Menschen, die Irene in ihrem kreativen Schaffen unterstützt haben, Raum, ihren persönlichen Rückblick zu erzählen. Und, obwohl man dies im Film nicht sieht, war Gabriel selbst ein kurzer Teil von Irenes Leben: "Ich war hinter der Kamera, als die Aufnahmen zu den Musik-Proben entstanden. Aber da war ich noch sehr jung…"

Ihre Begegnung war so kurz, dass Gabriel genügend Abstand hatte, den Film unvoreingenommen zu produzieren. Deshalb ist ihr auch ein Film geglückt, der das Leben von Irene unverblümt und liebenswert zugleich zeigt: "Der Film beantwortet keine Fragen, er wirft viele auf", so Gabriel. Denn: "Wenn sie jemand hätte beantworten können, dann wäre es Irene selbst gewesen." Vielleicht kann uns Gabriel aber trotzdem eine hypothetische Frage beantworten: "Wie hätte Irene der Film gefallen, wenn sie noch am Leben wäre?" Auch wenn diese Frage nur Irene beantworten hätte können, so findet die Regisseurin trotzdem: "Ich glaube, sie hätte sich darüber gefreut, dass man ihr im Film keine Etiketten angehängt hat, wie die der Sexworkerin. Sie war keine Person, die man in eine einzige Schublade hätte stecken können."

Genre:
Dokumentation

Filmlänge:
99min

Regie:
Gabriel Baur

Cast:
Irene Staub aka Lady Shiva, Boris Blank, Ursula Rodel, Karl Löwenherz, Federico Emanuel Pfaffen, Tabea Blumenschein uam.

Kinostart:
07. Dezember 2017