INTERVIEW: LP

INTERVIEW: LP
Wenn es um "diese schreckliche Person" im Weissen Haus geht, nimmt LP kein Blatt vor den Mund, und auch sonst setzt sich die Lost On You-Sängerin gegen Ungerechtigkeiten und für Minderheiten ein. Mit gay.ch sprach LP nun neben ihrer neuen Musik auch darüber, wie sie den Pride Month ohne Pride verbracht hat, und welche Hoffnungen sie für die kommenden US-Wahlen im November hat...

Nenn einen Namen im Musikbusiness, und die Chancen stehen sehr gut, dass LP, oder ausgeschrieben, Laura Pergolizzi, schon mit dieser Person Grosses rausgebracht hat. Doch auch selber hat die US-Amerikanerin mit italienischen und irischen Wurzeln in den vergangenen Jahren zu einem wahren Höhenflug angesetzt. Spätestens seit Lost On You ist sie in aller Munde, und im Videoclip dazu ist übrigens auch ihre Verlobte Lauren Ruth Ward zu sehen, wie sie sich innig küssen.

Nun hat LP mit The One That You Love eben ihre neuste Single mit dazugehörigem Videoclip veröffentlicht - wohl ein Vorbote für ein kommendes Album. Im Interview mit gay.ch hat sie nämlich verraten, dass sie den Lockdown und die tourneefreie Zeit auch im Studio verbringt, um an einem neuen Soloalbum zu arbeiten. Zudem hat sie auch über die Veränderungen gesprochen, welche Corona gerade auch in ihr Leben als Musikerin gebracht hat, über ihr prägendstes Erlebnis mit einem anderen Superstar und eben über die "schreckliche Person" im Weissen Haus...

gay.ch: Zuerst eine ganz simple Frage, welche aber selten so wichtig war jetzt: Wie gehts Dir?
LP: Mir gehts gut, ich habe manchmal etwas genug von Los Angeles, aber mir gehts gut. Es fühlt sich für mich so an, als hätte ich mich entschieden ein Jahr Pause zu machen um an einem neuen Album zu arbeiten. Das ist es auch, womit ich mich aktuell gerade beschäftige. Ich habe mich aber auch daran gewöhnt, zu Hause zu bleiben, und das ist cool so.

Herzliche Gratulation zum neuen Video und zur neuen Single: Was bedeutet Dir "The One That You Love" gerade jetzt unter diesen besonderen Umständen?
Ich denke, es geht um die Frage, ob man sein Leben einfach quasi als "Status quo" lebt, und man fragt sich auch, ob man für eine Beziehung genug macht, sie genug lebt und auch genug daraus ziehen kann. Das ist eine Frage, welche ich mir immer wieder stelle, und diesmal mache ich das über diesen Song.

Am 1. August hast Du ein Live Stream Concert performt: Dabei können deine Fans ihren Jubel an Dich schicken, damit Du ihn danach einbauen kannst, und einen Teil der Ticketeinnahmen geht an die National Black Justice Coalition. Warst Du nervös, denn es war eine total andere Erfahrung, als bei einem normalen Konzert, und was bedeutet Dir dieser Gig?
Ich war sehr nervös, ehrlich gesagt. Diese Aufregung ist aber auch jener Teil, der die Show schlussendlich zum Leben erweckt. Jede Erfahrung, welche man auf einer Bühne macht, ist wieder ganz anders, und hat etwas mit dem Publikum und dem Vibe zu tun, den man von dort erhält. Ich wollte also, dass wir das trotzdem gemeinsam miterleben, und so musste ich mir quasi die Fans ausserhalb meiner Bubble vorstellen. Wenn ich das in Zukunft noch mehr machen werde, dann werde ich mich sicher auch noch wohler fühlen, denn diesmal war ich wirklich sehr nervös.

Du bist eine unglaubliche Performerin, wie man etwa bei den Live Aufnahmen aus Moskau sehen kann, und Du liebst es, mit den Zuschauern zu interagieren: Wie denkst Du, wird es für Dich sein, wenn Du hoffentlich eines Tages nach der ganzen Pandemie endlich wieder mal vor Fans spielen kannst?
Ich denke, ich mache es davon abhängig wie die Leute selber reagieren. Ich sehe mich doch als ziemlich einfühlsame Person, und so werde ich mit dem Publikum so eng interagieren, wie sie es zulassen werden. Ich gehöre nicht zu jenen Menschen, welche sich nun Sorgen machen, dass sie sich von jemandem anstecken könnten, im Stil von "Ah, Du bist krank, also geh weg von mir". Ich finde vielmehr, dass es cooler ist, nicht so zu reagieren, und ich denke auch, dass es sicherer ist, denn, je mehr man sich Sorgen macht, etwas zu kriegen, desto mehr kriegt man es oftmals tatsächlich. Aber ich freue mich ganz sicher, endlich wieder mit den Leuten interagieren zu können.

Du hast schon Songs für Cher, Celine Dion, Rihanna, Christina Aguilera und viele andere mehr geschrieben: Gibt es da eine ganz besondere Erinnerung mit jemandem, mit dem Du bereits zusammengearbeitet hast, welche Du nie mehr vergessen wirst?
Sicher niemals vergessen werde ich, als ich Rihannas Interpretation von Cheers (Drink to that) zum ersten Mal gehört habe, denn ich fand, das war zu dieser Zeit die grösste Künstlerin, mit welcher ich zusammengearbeitet habe. Sie war zwar damals nicht im Raum, als wir den Song geschrieben haben, aber ihre Interpretation klang sehr ähnlich, wie ich sie damals als Demo eingesungen habe - ausser natürlich ein paar super-coolen Rihanna-isms, welche sie immer macht. Ich fand es auch cool, dass sie den Song nicht allzu stark verändert hat, dass fühlte sich so richtig gut an.

Dieses Jahr ist auf so viele Arten besonders, auch für die LGBTI+ Community: Es gab fast keine Prides. Wie hast Du in diesem Jahr den Pride Month gefeiert?
Ehrlich gesagt, habe ich nicht viel getan, aber ich erinnere mich an einen Live Stream, in welchem ich über Erika (Nance), eine Freundin von mir, sprach, welche diese coole Sache namens Pride Box macht. Sie ist gerade mal knapp über 20, und sie hat sich diese coole Aktion ausgedacht um die Pride zu den Menschen zu bringen. Dazu richtete sie eine GoFundMe-Kampagne ein um Geld zu sammeln und Pride Box umzusetzen. So verschickte sie dann diese Boxen, beispielsweise mit einer besonderen Pride Flag, oder mit einem TShirt, welches von einem*r lokalen Künstler*in gestaltet wurde. Dies, um der Pride Rechnung zu tragen, aber auch um zu erreichen, dass sich die Community enger beieinander fühlt. Es war crazy, nachdem sie mit der Aktion online ging und dann am nächsten Morgen aufwachte, waren plötzlich fast 100'000 Dollar zusammengekommen. Einer der grossen Kurierdienste, ich glaube es war Fedex, spannte dann mit ihr zusammen - das war wirklich eine coole Aktion. Besonders auch, da es von einer jungen Frau aufgegleist wurde, welche selber aufgrund ihrer Wurzeln, ich glaube im Mittleren Westen der USA, und aufgrund der religiösen Familie kein einfaches Coming out hatte. Sie hat mit Pride Box einen Weg gefunden, um ihr Glück, welches sie von anderen erleben durfte, weitergeben und teilen konnte.

Die Rechte der LGBTI+ stehen durch die aktuelle US-Regierung extrem unter Druck: Wie gehst Du mit der aktuellen Situation um was sind deine Hoffnungen und Wünsche für November 2020?
Meine Hoffnung und meine Wunsch, gerade für November 2020, ist, dass wir diese schreckliche Person aus dem Amt wählen können, dieser rückwärtsgewandte, spaltende, schreckliche "Cheese Doodle", der aktuell im Amt ist. Wir müssen so viele Leute an die Urne bringen, wie wir nur können, und wir müssen uns auch gegen die Unterdrückung von Wählern wehren, sowie gegen all die Aussagen, welche er von sich gibt, um die Leute entweder zu entmutigen, überhaupt wählen zu gehen, oder, dass ihnen Hürden in den Weg gelegt werden, damit sie gar nicht wählen gehen können, etwa wegen Shutdowns. Oder, dass sie es den Menschen einfach erschweren, dass sie in ihrer Gegend überhaupt zur Wahl können. Es ist einfach schrecklich, dass er versucht Rechte abzubauen, sogar die Ehe für alle, oder Transmenschen daran hindern will, im Militär zu dienen, und dies obwohl es genug Beweise gibt, welche aufzeigen, dass es keinen Sinn gibt, und dass Transmenschen diesem Land seit Jahren dienten, auch in höheren Positionen. Oder auch dass er Ärzte stoppen will, welche Transgender oder Gays behandeln wollen. Es fühlt sich einfach so an, als seien diese Sachen vor über 50 Jahren passiert, umso unglaublicher ist es, dass es eben gerade jetzt passiert. Aus diesem Grund ist es einfach am wichtigsten, dass wir wählen gehen, und zwar auf lokaler, wie auch nationaler Ebene, damit diese Zeit bald der Vergangenheit angehört. Auch andere Länder durchleben solche Zeiten. Schlechte Anführer kommen und gehen, das müssen wir uns einfach immer vor Augen halten, und so müssen wir weitermachen und unsere Anliegen vorwärtsbringen um immer näher an die Gleichstellung und an gelebte Diversität zu kommen.