INTERVIEW: Rita Roof

INTERVIEW: Rita Roof
Erstmals steht sie selber im Mittelpunkt: Nachdem sie lange als Sängerin im Background für andere gesungen und hinter der Bühne die Fäden gezogen hat, veröffentlicht die Zürcherin Rita Roof nun ihr erstes Solo-Album. gay.ch hat sie zum Album, zu ihrem Leben, aber auch dazu befragt, dass Reggae leider teilweise eng mit LGBTI+ Feindlichkeiten verbunden ist.

Eine Ausnahmestimme mit einem hohen Wiedererkennungswert, das ist eines der Markenzeichen von Rita Roof. Nachdem sie unter anderem mit Dodo, Steff La Cheffe und Phenomdem durch die Schweiz getourt ist, meldet sie sich nun mit einem ersten, eigenen Album zu Wort: Stimm I Mir heisst das Debut und es erzählt quasi ihre Lebensgeschichte, und alles als gelungene Mischung aus Soul, Reggae und Pop.

Zuerst die wohl einfachste, aber aktuell wohl wichtigste Frage: Wie gehts Dir?
Mir geht es gut. Ich schwanke, wie viele andere wohl auch, aktuell zwischen "ich schlage mich gut durch" und "ich halte es fast nicht mehr aus". Mir fehlt der Kontakt zu Menschen, spontanes Aufeinandertreffen in der Stadt, an Konzerten oder Festivals, die kleinen, schönsten Sachen halt... Aber alles in allem bin ich zufrieden und dankbar, dass es mir und meinen Liebsten gut geht und ich bin natürlich sehr aufgeregt auf das kommende Kapitel "Soloalbum".

Lange hast Du die Fäden im Hintergrund gezogen: Was war ausschlaggebend, dass Du dich nun selber ins Rampenlicht wagst?
Ich wollte den Schritt schon lange machen. War aber Vollzeit alleinerziehendes Mami und ich wagte simpel den Spagat zwischen dem und einer Solokarriere nicht, dafür reichte mir die Energie nicht. Mein Sohn ist jetzt alt genug und ich kann mich ohne schlechtem Gewissen um mich und meine Karriere kümmern. Dafür bin ich heute so ready wie noch nie ;-)

Du hast mit unzähligen bekannten Musiker*innen zusammengearbeitet, nun hast Du erstmals ein ganzes Album für Dich selber zusammengestellt: Wie war dieser Prozess für Dich?
Schön, intensiv aber auch irgendwie schräg. Ich bin mir nicht gewohnt, im Mittelpunkt zu stehen und so viele Entscheidungen treffen zu dürfen. Daran muss ich mich noch gewöhnen, aber ich habe zum Glück ein super Team hinter mir, das mir hilft und mich berät. Dafür bin ich sehr dankbar.

Was erwartet die Leute auf deinem Debut "Stimm I Mir"?
Multikulti-Frauenpower-Mundart, sowie man ihn von einer Sängerin noch nie gehört hat mit Ausreissern zu englischen und spanischen Lyrics, alles umwickelt in einem Kleid aus Soul, Reggae und Pop.

Geboren wurdest Du in Guatemala, viele Jahre hast Du danach in den USA gelebt, Du bist alleinerziehende Mutter eines Teenagers - da gibt es sicher viel zu erzählen: Verarbeitest Du deine persönlichen Erlebnisse auch gerne in deiner Musik?
Absolut. Ich wollte in diesem Album meine Geschichte erzählen, oder zumindest einen Teil davon. Mir war es sehr wichtig, authentische Lieder zu schreiben, auch wenn es manchmal nicht einfach ist, so viel Persönliches mit der Welt zu teilen. Dafür ist es echt und ich denke, das hört man auch.

Du hast Schwiizerdütsch, Englisch und Spanisch als Muttersprache, und all diese Sprachen finden sich auch auf deinem Debütalbum: In welcher Sprache denkst und träumst Du, und welche fällt Dir am leichtesten um Dich in deiner Musik auszudrücken?
Das werde ich immer wieder gefragt und muss gestehen, ich habe keine Ahnung, in welcher Sprache ich träume! (lacht) Ich fühle mich in keiner der Sprachen total safe. Ich kann Englisch und Deutsch etwa gleich gut aber beide nicht perfekt. Ich würde aber sagen, dass ich ein besseres Gespür habe für Englisch.

Du nennst Reggae eine Herzensangelegenheit: Wie bist Du zum Reggae gekommen?
Mein bester Freund hatte mich dazumal zu der Musik der Karibik gebracht und ich habe mich sofort verliebt. Danach habe ich immer wieder in Reggae-Bands gespielt und somit in der Schweizer Reggae-Musik-Szene ein Zuhause gefunden.

Reggae hat eine gewisse Leichtigkeit und ist für viele der Inbegriff von Sommer, wie gehst Du aber damit um, dass Reggae insbesondere in seinen Herkunftsländern Jamaika und in der Karibik, leider auch immer wieder eng mit LGBTI+ Feindlichkeit verbunden ist? Ist dies quasi „weit weg“ für Dich, oder warst Du selber schon damit konfrontiert?
Ja, das ist leider so und ich finde es total schlimm und ein absolutes No-Go. Ich habe viele LGBTI+ Verwandte, Freunde & Freundinnen und sah mich daher gezwungen, mich mit dem Thema auseinander zu setzen. Die Entscheidung gewisse Künstler zu boykottieren, die in meinen Augen Grenzen überschreiten, war selbstverständlich. Meine Liebe zum Reggae und zu karibischen Rhythmen kann ich aber nicht abstellen, denn sie macht mich glücklich. Bestimmen, welche Artists ich unterstützen möchte, oder eben nicht, aber schon. In der Schweiz bin ich bisher noch nie mit diesem Thema konfrontiert worden. Zum Glück.

Du stehst auch gerne auf der Bühne: Was denkst Du, wie wird es sein, wenn Du nach einer so langen Zeit endlich wiedermal vor grossem Publikum stehen kannst?
Ich habe mich das kürzlich auch gefragt, haha!! Ich denke es wird wunderschön für alle Beteiligten, Publikum und Band. Ich freue mich auf Menschen, lachende Gesichter und last but not least: Umarmungen!!

ritaroof_cover_1000.jpg

DOWNLOAD und STREAMING

Tracklist:
1. Abe an Fluss
2. Ample
3. Falsche Film
4. Samurai
5. Bella Vita
6. Million Reasons
7. Ich und mini Girls
8. Telefon
9. Stimm I Mir
10. Forward