DEUTSCHLAND: Heftige Kritik am Umgang mit LGBT-Flüchtlingen
Sowohl der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD), wie auch der Bundestagsabgeordnete der Grünen, Volker Beck, richten schwere Anschuldigungen an das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und dessen Umgang mit schwullesbischen und transgender Flüchtlingen. Es sei ein strukturelles Problem, erklärte etwa Markus Ulricht vom LSDV gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Um aufzuzeigen, dass es sich nicht nur um Einzelfälle handelt, hat zudem Volker Beck ein Dossier zusammengestellt, welches zweifelhafte Entscheidungen des BAMF auflistet. Sein Fazit: Asylrechtliche Vorgaben würden in diesem Amt systematisch missachtet.
Eine ungerechtfertigte Ablehnung eines Asylantrags liege etwa im Fall eines Kenianers vor: Nachdem er gesehen wurde, wie er einen anderen Mann geküsst hat, sei er von einem wütenden Mob verfolg und verprügelt worden. Darauf sei er zudem auch noch von der Polizei verhaftet worden, und erst nach der Zahlung von Schmiergeld nach drei Tagen wieder freigekommen. Obwohl man beim BAMF weiss, dass schwule Handlungen in Kenia mit bis zu 14 Jahren Haft bestraft werden können und Homophobie und Diskriminierung zum Alltag gehören, wurde der Asylantrag des Kenianer abgelehnt. Das BAMF geht sogar noch einen Schritt weiter, und rechtfertigt die Inhaftierung der Schwulen und Lesben quasi damit, dass dies oftmals zum eigenen Schutz der LGBTs passiere, um sie von einem wütenden Mob abzuschirmen. Zudem, so das Bundesamt weiter, gebe es keine Berichte, wonach die gesetzlich angedrohten Haftstrafen tatsächlich vollzogen werden. Eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte von Seitens des kenianischen Staates sei zudem auch deshalb nicht feststellbar, da es im Land zahlreiche Schwule und Lesben, sowie sogar eine LGBT-Organisation gebe.
Für den LSVD ist diese Begründung unbegreiflich. So erklärt Markus Ulricht, dass etwa bei jenen Verfolgten, welche aufgrund ihrer Religion oder ihrer politischen Einstellung Asyl beantragen, nie auf diese Weise argumentiert werde. Doch eine solche Begründung verstosse auch gegen ein Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Richter haben nämlich im Jahr 2013 geurteilt, dass es nicht rechtens ist, dass man Asylbewerber in ihre Heimat zurückschicke und ihnen erkläre, dass sie ihre sexuelle Orientierung oder ihre Geschlechteridentität einfach nicht ausleben sollen. Doch genau diese Vorwürfe richtet auch die Organisation Quarteera an das BAMF. Das Bundesamt würde Asylanträge häufig mit der Begründung ablehnen, dass der Antragssteller in seinem Herkunftsland einfach zurückhaltender leben solle.
Dem LSVD ist aber auch die Art und Weise ein Dorn im Auge, wie die Asylbewerber interviewt werden. So würden sehr intime Fragen gestellt, welche kein heterosexueller Antragssteller je beantworten müsse. Ein schwuler Pakistani wurde etwa gefragt, wie oft er mit seinem Freund Geschlechtsverkehr hatte, und wie er den Sex empfunden habe. Diese Fragen gehen eindeutig zu weit. Auch Anträge von lesbischen Frauen aus Uganda wurden in München abgelehnt, weil sie in ihrer Heimat zwangsverheiratet und Mütter wurden. Damit nehme das BAMF an, dass die Frauen nicht lesbisch sind. In der Vergangenheit hat das Bundesamt unter anderem homosexuelle und transgender Asylbewerber aus Afghanistan, Ghana, dem Iran, Nordafrika und Uganda abgelehnt. Syrische Flüchtlinge erhielten zudem nur einen temporären Schutz: Dies, weil ihr Asylantrag wegen dem Krieg, nicht aber wegen ihrer sexuellen Orientierung anerkannt wurde.
Die Kritik weist man beim BAMF zurück. Man habe Sonderbeauftragte, welche die Befragung bei geschlechterspezifischer Verfolgungen vornehmen, erklärte eine Sprecherin diesbezüglich. Es gebe zudem Vorgaben, wonach es keinen Verweis auf gefahrvermeidendes, diskretes Verhalten geben dürfte.