EU: Die Europäische Bürgerinitiative kommt an ihre Grenzen
Es ist eine Frage, mit welcher sich auch die Schweiz in den vergangenen Jahren immer öfters zu befassen hatte: Soll die Bevölkerung wirklich über alles abstimmen dürfen, und, hat die Bevölkerung mit ihrer Haltung immer Recht? Letzteres ist besonders dann fraglich, wenn die Menschenrechte oder auch Völkerrechte tangiert werden. Genau mit diesen Punkten hat sich derzeit auch die Europäische Union zu befassen, und wie in der Schweiz, so gibt es auch dort zahlreiche Politiker, welche sich fragen, ob die Europäische Bürgerinitiative ein sinnvolles, politisches Instrument ist. So hat beispielsweise auch Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, seine Bedenken geäussert, nachdem eine Petition mit dem Titel „Mutter, Vater & Kind: Europäische Bürger“ angekündigt wurde, welche die Ehe und die Familie schützen möchte und die Ehe in der gesamten EU als Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau definieren möchte. Faktisch würden damit gleichgeschlechtliche Ehen in der ganzen Europäischen Union verboten. Mit der Unterschriftensammlung soll nun begonnen werden.
Für diese Europäischen Bürgerinitiativen müssen mindestens eine Millionen EU-Bürger ihrer Unterschrift abgeben, und sie müssen aus mindestens sieben der 28 Mitgliedsstaaten kommen, um auch eine genügend grosse Basis für das Anliegen zu bilden. Da zahlreiche christliche, aber auch Anti-Gay-Organisationen international gut vernetzt sind, können eben auch solche Bürgerinitiativen zustande kommen, welche etwa die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare verbieten möchten, obwohl diese bereits in den Gesetzen von Ländern wie Portugal, Spanien, Frankreich, England, Belgien, Luxemburg, den Skandinavischen Staaten, ausgenommen Finnland, den Niederlanden und anderen mehr stehen.
Die Europäische Kommission zeigte sich besorgt und es wird gewarnt, dass solche Vorstösse das Europäische Recht oder auch das Europäische Projekt nicht immer vorwärts bringen, sondern, dass vielmehr die EU-Skepsis genährt würde. Frans Timmermans, EU-Vizepräsident, erklärt gleichzeitig, dass man die nun geplante Petition habe zulassen müssen, da sie den dafür geltenden Richtlinien entspricht. Weiter sei es schade, dass hoch kontroverse und emotional geladene Themen, welche besonders für Minderheiten sehr wichtig seien, nun von der grossen Mehrheit beurteilt werden. Jean-Claude Juncker wiederum forderte nun, dass eine Lösung gefunden werden müsse, um aus dieser Situation wieder rauszukommen. Er versprach, dass man darüber bereits in den kommenden Wochen debattieren werde.