INDIEN: Oberstes Gericht legalisiert gleichgeschlechtlichen Sex
Es war längst nicht der erste Versuch der LGBT-Community in Indien, um eines der ältesten Gesetze der Welt, welches Homosexualität kriminalisiert, endlich zu streichen. Doch die Vorzeichen standen diesmal besser den je. Schon seit einiger Zeit sorgten die Richter des Supreme Court für Aufsehen, indem sie Urteile zu Gunsten der LGBT-Community fällten. Dabei unterstrichen sie jeweils, dass das Recht auf Privatsphäre höher gewichtet werde. Und eben dies ist nun auch Teil der Urteilsbegründung bezüglich dem Urteil vom Donnerstag, weshalb der gleichgeschlechtliche Sex nun nicht mehr stafbar ist.
Der von den britischen Kolonialherren vor 157 Jahren eingeführte Artikel 377 machte homosexuelle Handlungen illegal und mit bis zu zehn Jahren Haft strafbar. Im Juli begannen nun die ersten Anhörungen diesbezüglich vor dem Obersten Gericht. Dieses Gesetz sei nicht mehr zeitgemäss und gehöre deshalb abgeschafft, meinten nun auch die Richter und strichen den Artikel. Die Community feierte dieses Urteil vor dem Gerichtsgebäude mit grossem Jubel, wurde dieser Tag doch seit Jahren herbeigesehnt.
Bis es zu diesem endgültigen Urteil kam, gab es etliche Turbulenzen: Bereits in Jahr 2009 wurde der homosexuelle Geschlechtsakt zwischenzeitlich legalisiert, nachdem ein Obergericht in New Delhi den Artikel 377 für nicht verfassungsmässig hielt und aufhob. Dieses Urteil wurde jedoch nur vier Jahr später wieder durch das Oberste Gericht aufgehoben. Der Grund: Die Richter des Obergericht hätten ihre Kompetenzen überschritten, da nur die Politik die Aufhebung entscheiden könne. Es dürfte aber vor allem auch der Druck damals gewesen sein, welcher von religiösen Organisationen ausgeübt wurde.
Die Politik blieb in der Folge aber untätig, handelt es sich doch bei Homosexualität um ein grosses Tabu in Indien und niemand möchte sich die Finger daran verbrennen, geschweige denn die Gunst der Wähler verlieren. Sämtliche Vorstösse in diese Richtung wurden daher abgeschmettert. 2016 wurde eine neue Petition beim Obersten Gericht eingereicht, um zu reichen, dass das Urteil von 2013 nochmals neu beurteilt werde - und die Richter willigten ein.
Das aktuelle Urteil ist für die LGBT-Community ein grosser Sieg, ist es doch endgültig und kann nicht mehr umgestossen werden. Die Obersten Richter unterstrichen jedoch, dass es bei ihrem Urteil einzig um die Aufhebung des Artikel 377, sprich die Legalisierung von gleichgeschlechtlichem Sex, gehe, und nicht um weiterreichende Rechte wie etwa die Ehe oder in Bezug auf das Erbrecht.