INDIEN: Werden die Gesetze gegen Homosexualität nun aufgehoben?

INDIEN: Werden die Gesetze gegen Homosexualität nun aufgehoben?
Das Oberste Gericht in Indien befasst sich am Freitag erneut mit den Anti-Gay-Gesetzen: LGBT-Aktivisten, welche nun ihre Argumente vor Gericht darlegen können, sehen darin die bislang beste Chance, um die Gesetze gegen Homosexualität endlich aufzuheben.

Am Freitag haben die Gegner jener Gesetze, welche sich explizit gegen Homosexuelle richten, die Möglichkeit, ihre Argumente vor dem Supreme Court darzulegen. Dabei geht es vor allem um die Section 377 im indischen Strafgesetz, welche den gleichgeschlechtlichen Sex strafbar macht. Zu diesen Anhörung kommt es, nachdem das Oberste Gericht ein Urteil mit grosser Tragweite fällte, nämlich dass das Recht auf Privatsphäre ein integraler Bestandteil des Rechts auf Leben und auf die persönliche Freiheit ist, welche durch den Artikel 21 in der Verfassung garantiert wird. Dabei ging es konkret um die neu eingeführten Aadhaar Karten, quasi eine ID, welche eine 12-stellige, persönliche Nummer beinhaltet, welche an alle indischen Bürger anhand ihrer biometrischen und demografischen Daten vergeben wird. Die Aktivisten argumentierten damals, dass dieses Programm das Recht auf Privatsphäre verletzte. Die Richter erklärten darauf in ihrem Urteil unter anderem auch, dass die sexuelle Orientierung oder die Geschlechteridentität ein essentieller Bestandteil der Privatsphäre sei. Die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung sei zudem zutiefst beleidigend gegenüber der Würde und des Selbstbewusstseins eines Menschen.

Durch dieses Urteil sehen sich die LGBT-Aktivisten in ihrer Auffassung bestätigt, dass die sexuelle Orientierung zur Privatsphäre gehört, wodurch die Section 377, welche einvernehmlichen, gleichgeschlechtlichen Sex sogar im privaten Rahmen bestraft, grundsätzlich gegen die Verfassung verstösst und abgeschafft gehört. In ihrer nun stattfindenden Anhörung wollen die Aktivisten darauf aufmerksam machen, dass dieses Verbot und diese Ablehnung zu massiven Fehlurteilen führen, denn die Gleichbehandlung verlange auch, dass bei der sexuellen Orientierung bei allen Person mit den gleichen Massstäben gemessen werde. Das Recht auf Privatsphäre und der Schutz der sexuellen Orientierung sei der Kern der Grundrechte, welche durch die Verfassung in den Artikeln 14, 15 und 21 garantiert werden, erklären die Aktivisten weiter.

Wann die Richter ein Urteil fällen werden, ist noch nicht bekannt, es gilt jedoch als wegweisend. Bislang sind sämtliche Versuche gescheitert die Section 377 aus dem Strafgesetz zu kippen und den gleichgeschlechtlichen Sex damit zu legalisieren – und zwar sowohl auf politischem Weg, wie auch über die Gerichte. Im Jahr 2009 wurde die Section einmal für vier Jahre ausgesetzt, als ein Obergericht in New Delhi diesen Abschnitt als verfassungswidrig bezeichnete. Das Supreme Court urteilte darauf jedoch im 2013, dass das Obergericht damit seine Kompetenzen überschritten habe und führte die Section 377 wieder ein. Dieser Teil des Strafgesetzes ist ein Erbe aus der Kolonialzeit Grossbritanniens und ist noch in zahlreichen anderen Staaten in Kraft, wie etwa auch in Singapur.