INTERVIEW: Nationalrat Hans-Ueli Vogt im gay.ch-Interview

INTERVIEW: Nationalrat Hans-Ueli Vogt im gay.ch-Interview
Wenn im Oktober landesweit gewählt wird, stellt sich auch Hans-Ueli Vogt zur Wiederwahl in den Nationalrat. Zur Überraschung vieler politisiert der Rechtsprofessor als Schwuler bei der SVP. Im Interview mit gay.ch erklärt er, weshalb er sich der Partei verbunden fühlt, und wie er gerade in Bezug auf die LGBTI+ Rechte auch in der SVP einen Wandel feststellt, zumindest an der Basis...

gay.ch: Was hat Dich dazu bewegt, Politiker zu werden, und was sind die Gründe, dass deine Wahl auf die SVP gefallen ist?
Hans-Ueli Vogt: Mich hat schon als kleiner Bub fasziniert, dass es Leute gibt, die vor andere hinstehen und mit Argumenten dafür einstehen, was sie für die Schweiz für richtig halten. Bei der SVP bin ich, weil ich ihre Grundhaltung und ihre Überzeugungen teile. Dass wir ein unabhängiges Land bleiben wollen, dass bei uns die Bürger überall mitreden und mitbestimmen können, dass es uns am besten geht, wenn jeder möglichst frei leben kann.

Mit welchen drei Argumenten überzeugst Du jemanden, dass Du wieder in den Nationalrat gehörst?
Erstens, weil ich mich dafür einsetze, dass die Menschen in unserem Land möglichst frei leben können. Dass man ihnen keine unnötigen Vorschriften macht und dass der Staat ihnen möglichst wenig Geld wegnimmt. Zweitens habe ich bewiesen, dass ich ein selbständig denkender und unabhängig handelnder Politiker bin. Nicht eine Windfahne und kein Opportunist, ich politisiere aus Überzeugung auf der Linie der SVP, aber wenn es nötig ist, erhebe ich meine Stimme. Und zu sich selber zu stehen, das ist und war für mich sowieso immer eine Selbstverständlichkeit. Drittens kann ich als Rechtsprofessor in der Rechtskommission des Nationalrates mit Sachargumenten zu guten Lösungen beitragen. Auch das habe ich in den letzten vier Jahren gemacht.

Eine der Fragen, welche beim Network Wahlpodium gestellt wurde, bei dem Du leider nicht dabei sein konntest war: „Nationalratswahlen sind Listenwahlen. Man sucht sich eine Partei aus, die den eigenen politischen Ansichten und Hoffnungen am ehesten entspricht. Eine Hilfestellung, welche Partei am ehesten meinen Ansichten entspricht, ist das Parteiprogramm. Was ist die Position eurer Partei zu den wichtigsten Anliegen der LGBTI+ Community?“ Wie hättest Du auf diese Frage geantwortet?
Es ist so, dass die SVP gegenüber den Anliegen der Schwulen und Lesben ziemlich ablehnend eingestellt ist. Das ist die offizielle Parteidoktrin, bei den Mitgliedern sieht das aber zunehmend anders aus. An der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz haben sich immerhin 160 Delegierte für die Öffnung der Ehe gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren ausgesprochen - 260 waren dagegen. Das zeigt meines Erachtens auf, wohin die Entwicklung geht. Ganz abgesehen davon, dass die freiheitliche Grundhaltung der SVP ohnehin dafür spricht, dass es dem Staat egal sein soll, wer einander heiratet. Darum habe ich mich in der Rechtskommission des Nationalrates stets für die "Ehe für alle" ausgesprochen.

In Bezug auf die „Ehe für alle“ schreibt die SVP auf ihrer Homepage: „Die Partei will keine Vielehen und keine absolute Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mit der Ehe; Die Partei verlangt die Stärkung der Meinungsäusserungsfreiheit durch Aufhebung der Rassismus-Strafnorm.“ Wie ergeht es Dir als Schwuler in der SVP dabei?
Es geht mir gut, ich fühle mich geschätzt und respektiert für meine Arbeit und dafür, wer ich bin - wobei mein Selbstwertgefühl jetzt auch nicht entscheidend davon abhängt, was "die Partei" von mir denkt ... Vor allem aber bin ich nicht nur oder gar in erster Linie ein Schwuler, sondern ich bin ein Mensch und Bürger. Und als solcher interessiert mich Politik und das, was die Haltung einer Partei ist, nicht nur mit Bezug auf die Anliegen von Schwulen und Lesben. Ich will mit einer Partei politisieren, die die Freiheit der Bürger hochhält, die gegen höhere Steuern kämpft, die nicht jeder Modeströmung hinterherrennt, die die Leistungswilligen unterstützt. Und diesbezüglich ist die SVP die Partei, die mir am besten passt.

Wie weit kann man in der Politik und im Fokus der Öffentlichkeit die Privatperson von der politischen Person überhaupt trennen?
Jeder Parlamentarier ist zum einen ein Vertreter seiner Partei. Es ist wie im Mannschaftssport: Man ist Teil eines Teams, trägt das T-Shirt der eigenen Mannschaft und spielt in erster Linie mit dem Team, für das Team. Aber jeder Parlamentarier hat einen gewissen Freiraum, welche Rolle er innerhalb der Partei und innerhalb des Parlaments einnimmt, wie er sein Amt wahrnimmt und ausfüllt. So, wie es in einer Fussballmannschaft ganz unterschiedliche Spieler gibt. Und insofern kann man mit der Zeit die Persönlichkeit eines Politikers durchaus erkennen und damit auch Züge der hinter dem Politiker stehenden Privatperson.

Solltest Du wieder in den Nationalrat gewählt werden, welches sind deine Ziele für die nächsten vier Jahre?
Ich möchte weiterhin eine freiheitliche Politik machen und mich für meine Anliegen sachlich, beharrlich und mit Verstand einsetzen. Vor allem plane ich, mich dafür einzusetzen, dass die Schweiz für Jungunternehmen ein noch attraktiverer Standort wird. Und im Rahmen anstehender Volksabstimmungen will ich mich gegen eine stärkere Anbindung der Schweiz an die EU und für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare einsetzen.