KROATIEN: “Familiennachzug” gilt auch für LGBT-Paare
Unter dem Prinzip des Familiennachzugs wird es Personen, welche in einem anderen Land leben, ermöglicht, dass sie ihre Familie zu sich holen dürfen. So etwa, wenn Jugendliche in einem Land sind, dürfen ihre Eltern ebenfalls einreisen und sie erhalten eine Aufenthaltsbewilligung. Dies gilt auch bei verheirateten Paaren, welche ihren Ehepartner zu sich holen wollen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat nun entschieden, dass dieses Recht auch für gleichgeschlechtliche Paare gelten müsse, und zwar selbst in Ländern, in welchen diese Paare keine Möglichkeit haben, sich rechtlich abzusichern, also in jenen, welche weder ein Partnerschaftsgesetz noch Marriage Equality kennen.
Den Fall ins Rollen gebracht hat Danka Pajić aus Bosnien-Herzegowina. Sie wollte mit ihrer Lebenspartnerin in Kroatien zusammenleben, doch das Land verweigerte ihr die Aufenthaltsbewilligung. Nachdem sie sämtliche gerichtlichen Instanzen in Kroatien durchlaufen hat, zog sie nun das Urteil an den Europäischen Gerichtshof weiter und bekam dort nun Recht. Sie konnte nachweisen, dass sie mit ihrer Partnerin seit zwei Jahren in einer festen Beziehung lebt, doch, ihr wurde die Aufenthaltsbewilligung nach Prinzip des Familiennachzugs von den kroatischen Behörden verweigert. Die Richter sahen darin eine Verletzung des Artikels 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention – das Recht auch Nicht-Diskriminierung – und des Artikels 8 – das Recht auf ein Familienleben. Gleichgeschlechtliche Paare dürfen von der Möglichkeit des Familiennachzugs nicht ausgeschlossen werden, erklärten sie nun.
Der schottische Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Alyn Smith, zeigte sich erfreut über das Urteil und erklärte, dass dies ein weiteres, wichtiges Zeichen des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sei. Kroatiens Entscheidung, einem Partner in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft die Aufenthaltsbewilligung und damit den Familiennachzug zu verweigern sei diskriminierend und eine solche Diskriminierung sei illegal. Dieser Fall solle nun als wegweisend behandelt werden, denn jeder habe ein Recht auf ein Familienleben und mit derjenigen Person zusammen zu sein, denn sie liebe. Die Entscheidungen über die Immigration dürfe nicht auf der Basis der sexuellen Orientierung entschieden werden, erklärt Smith weiter. Dieser Fall sei ganz klar diskriminierend gewesen und er sei froh, dass das Gericht einstimmig ebenfalls eine Verletzung des Artikels 14 und des Artikels 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention gesehen habe.
Er begrüsse dieses Urteil sehr, erklärte auch Daniele Viotti, ebenfalls Abgeordneter im Europäischen Parlament und Co-Präsident der Intergroup für LGBT-Rechte. Dieser Fall zeige deutlich, mit welchen praktischen Problemen sich gleichgeschlechtliche Paare aufgrund von institutionellen Diskriminierungen konfrontiert sehen. Schwullesbische Paare haben, wie auch heterosexuelle Paare, meistens das Bedürfnis zusammenleben zu wollen, und deshalb sollten auch alle dieses Recht haben. Dieses Urteil zeige auch den Weg auf für die Europäische Union und weit darüber hinaus. Viele Gesetze diskriminieren gleichgeschlechtliche Paare, manchmal auch mit Kindern, und halten ihnen das Recht, sich frei zu bewegen, vor. Er hoffe, so Daniele Viotti weiter, dass dies die EU-Kommission nun ermutige ein entsprechendes Gesetz vorzubereiten.