RUSSLAND: Zwei Schwule wollen in Russlands Politik

RUSSLAND: Zwei Schwule wollen in Russlands Politik
Es ist eine Premiere in Russland, welche ob dem aktuellen Klima wahrlich Mut braucht: Erstmals bewerben sich zwei offen schwule Männer für ein Amt in der Staatsduma, dem Unterhaus der Nationalversammlung, um Vladimir Putin und dessen Partei die Stirn zu bieten. Beide sehen sich als Schwulenaktivisten und erklärten, dass die Einführung des Anti-Gay-Propagandagesetzes sie dazu bewogen hat, politisch aktiv zu werden.

Dass sie eine Chance haben, überhaupt gewählt zu werden, glauben Bulat Barantayev (33, im Bild links mit Tochter und Lebenspartner) und Aleksei Korolyov (29) nicht mal im Traum. Doch, das liege nicht nur daran, dass sie offen schwul sind, sondern vielmehr, dass sie mit ihren Positionen die ziemlich gegensätzlichen Haltungen von Vladimir Putin vertreten, welcher das Land derzeit praktisch autokratisch führe. Doch trotzdem glauben sie fest daran, mit ihrer Kandidatur für die Staatsduma etwas verändern können, und wenn es nur die Tatsache sei, den konservativen Politikern zu zeigen, dass sich die LGBT-Russen im Land nicht unterkriegen lassen wollen, sondern bereit sind für ihre Rechte zu kämpfen.

Bulat Barantayev erklärte denn auch im Radio Free Europe, dass er seit einer langen Zeit jede Möglichkeit nutze um sein Umfeld auf die Probleme der LGBT-Community im Land aufmerksam zu machen. Er sei ein Beispiel dafür, dass Schwule in Russland erfolgreich ein Geschäft führen, dass sie andere Menschen treffen, Kinder haben und sich sogar für ein Amt in der Staatsduma bewerben können. Aleksei Korolyov fügt dem hinzu, dass sich die Community in Russland derzeit in einer verzweifelten Lage befinde, und dass es unbedingt Verbündete brauche. Es sei schön, dass sie nun mit Parnas eine Allianz bilden konnten. Die LGBT Community erhalte damit neue Ressourcen um sich selber zu verteidigen, und die Partei hoffentlich einige neue Wähler. Er habe sich entschieden, sich für dieses Amt zu bewerben, so Korolyov weiter, weil die derzeit regierende Partei extreme, homophobe Positionen bezogen habe. Die Behörden würden damit ein homophobes Klima schaffen, welches nicht zuletzt zu Hate Crimes führe.

Die Behörden würden immer auf dieselbe Vorgehensweise zurückgreifen, kritisiert Barantayevw weiter. Auf primitive Weise brandmarke man die LGBT Community als Feinde, um damit die Aufmerksamkeit von den wahren wirtschaftlichen und politischen Problemen abzulenken. Er arbeite bereits seit mehr als vier Jahren mit diversen Organisationen und politischen Parteien zusammen. Noch bevor das Anti-Gay-Propagandagesetz eingeführt wurde, hätten sie alle gesagt, dass die Anliegen der Schwulen, Lesben und Transgender nicht wichtig seien und sich die Öffentlichkeit auch nicht dafür interessiere. Als dann aber das homophobe Gesetz eingeführt wurde, hätten endlich alle verstanden, dass die LGBT-Community tatsächlich Unterstützung brauche.

Sorgen um seine eigene Sicherheit mache er sich aber nicht wirklich, erklärte Bulat Barantayev, obwohl er in der Vergangenheit wegen seiner Homosexualität auch schon attackiert wurde. Trotz seiner grossen Medienpräsenz rechne man ihm kaum Chancen zu, und deshalb werde er auch nicht als Gefahr oder Bedrohung wahrgenommen. Trotzdem fürchte er sich manchmal ein wenig, sich öffentlich zu zeigen. Er wolle sich aber nicht immer in der Opferrolle sehen, führt er weiter aus, „denn schlussendlich werden wir so behandelt, wie wir uns behandeln lassen…“