PORTRAIT: Schwuler Fussballer hat Grosses vor

Eigentlich war es für ihn klar: Er passe nicht in die Fussballwelt, er werde nie ein Coming out haben, er werde mit einer Frau und Kindern zusammenleben und das werde nun sein Ich sein, erzählte Jake Williamson gegenüber PinkNews. Als er jedoch seinen Freund Paul kennenlernte, änderte sich alles schlagartig. Im Alter von 21 Jahren wagte er schliesslich sein Coming out bei seiner Familie und seinen Freunden, und dies mitten während der Covid19-Pandemie - einer ohnehin schwierigen Phase für alle.

Schon mit 16 war Jake Williamson halbprofessioneller Fussballspieler und spielte nach der Universität auch für eine Mannschaft in Polen. Um eine Karriere als Personal Trainer zu starten, verliess er das Team und damit auch den Fussball um nach Chicago zu reisen. Doch die Pandemie machte ihm einen Strich durch die Rechnung und so fand er sich in seiner Heimat Grossbritannien wieder, zurück beim Fussball.

Er liebt den Sport und deshalb liess er es sich auch nicht nehmen, auch nach seinem privaten Coming out weiter Fussball zu spielen. Als er diesbezüglich bei der BBC für einen Podcast ein Interview gab, erfuhr auch seine neue Mannschaft in Birmingham davon. Während er bislang keine negativen Erfahrungen machte, so änderte sich dies leider rasch. Seine Mannschaftskollegen hatten grösste Mühe mit seiner Orientierung und so erlebte Williamson das erste Mal LGBTI+ Feindlichkeiten in seinem Umfeld. Er wurde förmlich vom Team ausgeschlossen und gemieden.

Statt dies hinzunehmen und einfach tatenlos zu akzeptieren, entschied er sich für das Gegenteil: Er entschied sich seine Wut und seinen Ärger über seine Teammitglieder zu kanalisieren und in etwas Positives umzuwandeln. Kein queerer Jugendlicher soll das Gleiche durchmachen müssen wie er, und deshalb begann er sich für LGBTI+ im Fussball und im Sport im Allgemeinen einzusetzen. Er will damit jenes Vorbild für Jugendliche sein, welches er damals für sich selber gewünscht hätte.

Der Grund, dass der Fussball ein derart schwieriges Umfeld für Queers ist, sieht Jake Williamson unter anderem in der ganzen Ausbildung. Alle Spieler der besten Mannschaften wie Manchester United, Manchester City, Chelsea und andere mehr, durchlaufen die Football Academy und werden dort gefördert. Dies sei ein völlig abgeschottetes System, so zeigt sich Williamson überzeugt, in welchem es keine Schwulen gibt. Sie fokussieren sich dort einzig auf Fussball, und das bleibt auch so während der Profi-Karriere. Dies ist auch mit ein Grund, weshalb die allermeisten queeren Spieler ihr Coming out erst wagen, wenn sie ihre Profi-Karriere längst an den Nagel gehängt haben.

Bei Williamson war es anders: Er entschied sich für sein Coming out, während er noch am Spielen war. Ob es anders gewesen wäre, wenn er tatsächlich Profi-Fussballer geworden wäre, weiss er nicht. Er habe schliesslich erstmal aufgehört zu spielen, Paul kennengelernt, an Selbstsicherheit gewonnen, wieder mit spielen begonnen und dann erst sein Coming out gewagt.

Um andere an seinen Erfahrungen teilhaben zu lassen, ist Jake Williamson seit diesem Jahr offizieller Botschafter für die LGBTI+ Organisation Stonewall UK. Er will damit queeren Jugendlichen zeigen, wie grossartig es sein kann, wenn man sich selber ist, und er will Brücken zur LGBTI+ Community bilden, damit sich queere Sportler:innen vernetzen können.