AFGHANISTAN: Was die Machtübernahme der Taliban für LGBTI+ und für Frauen bedeutet

AFGHANISTAN: Was die Machtübernahme der Taliban für LGBTI+ und für Frauen bedeutet
Viel schneller als erwartet haben die Taliban in Afghanistan die Hauptstadt Kabul wieder unter ihre Kontrolle gebracht und die vom Westen unterstützte Regierung gestürzt. Was bedeutet dieser Umsturz nun für die LGBTI+ Community und die Frauen vor Ort?

Besonders für queere Menschen, aber auch für Frauen, war es in Afghanistan nie einfach zu leben, aber gerade in den vergangenen Jahren gab es doch gewisse Freiheiten, insbesondere für Mädchen und Frauen, welche erreicht werden konnten. Doch dies dürfte sich nun wieder radikal ändern. Die Taliban wollen wieder das Islamische Emirat Afghanistan aufbauen, wie sie es schon in den 90er Jahren ausriefen. Bis 1998 kontrollierten sie damals fast 90 Prozent des Landes, doch die damalige Regierung der Taliban wurde nur von Pakistan, Saudi Arabien und von den Vereinigten Arabischen Emirate anerkannt.

Obwohl sich die Taliban besonders in den letzten Wochen und Monaten vergleichsweise versöhnlich gezeigt haben, gehen Experten davon aus, dass sie ihr radikal-islamisches Gedankengut der Bevölkerung schnell wieder aufzwingen werden und ihr Ziel, die Scharia im ganzen Land einzuführen, in kürzester Zeit umsetzen werden. Damit dürften dunkle Erinnerungen wach werden, denn Kabul war ab 1996 bereits schon einmal unter der Herrschaft der Taliban, mit all den damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen.

Die Auswirkungen der erneuten Machtübernahme durch die Taliban, und vor allem auch die Angst der Menschen, zeigen aktuelle Bilder aus Kabul. So sah man beispielsweise Ladenbesitzer, wie sie ihre Werbeplakate, welche Frauen ohne Verschleierung zeigen, übermalen, um den Taliban möglichst keine Angriffsfläche zu bieten. Berichten zufolge sollen die Taliban aber gerade in Kabul noch mehr oder weniger human vorgehen, da die Stadt derzeit im Fokus der Weltöffentlichkeit steht. Ganz anders sieht es leider bereits auf dem Land aus, fern der Kameras der weltweiten Medien.

Mit der Unterdrückung der Bevölkerung werden wohl auch die drakonischen Strafen zurückkommen. Gerade für LGBTI+ bedeutet dies, dass für sie die Todesstrafe wieder eingeführt werden dürfte. Laut der Sichtweise der Taliban, wie einer ihrer Richter erklärte, gibt es für gleichgeschlechtliche Aktivitäten nur zwei mögliche Strafen: Den Tod durch Steinigung oder den Tod durch eine Mauer, welche auf eine Person fällt. Doch nicht nur gleichgeschlechtliche, sondern auch aussereheliche Aktivitäten bei Heterosexuellen können mit der Steinigung bestraft werden.

Für Frauen könnte eine Herrschaft der Taliban bedeuten, dass sie ihr Haus nur noch mit Erlaubnis verlassen dürfen, etwa wenn sie einkaufen, zum Arzt oder Tiere füttern gehen müssen. Hinzukommt, dass sie in der Öffentlichkeit stets mindestens ihre Haare verdecken, wenn nicht sogar die Burka tragen müssen. Für Mädchen wiederum bedeutet es zudem, dass sie nur noch zur Schule gehen dürfen, wenn sie von einer Frau unterrichtet werden. Zudem gibt es Berichte, wonach Mädchen bereits ab einem Alter von 12 mit Taliban-Kämpfern verheiratet werden können. Männern wird es des weiteren auferlegt, sich Bärte wachsen zu lassen.

Ob die Taliban auch im 2021 derart harte Gesetze einführen und durchsetzen können wird sich weisen, insbesondere auch, was den Umgang mit Frauen betrifft. Diese konnten nun während ein paar Jahren etwas mehr Freiheiten geniessen und arbeiten, in politische Ämter gewählt werden und auch Universitäten besuchen. Ob gerade sie sich diese Rechte wieder nehmen lassen muss sich weisen, aber eines ist leider ebenso klar: Die Taliban sind für ihre harte Haltung bekannt und scheuen kaum vor Gewalt und der Anwendung der Todesstrafe zurück, selbst bei Vergehen, welche bei uns als grundlegende Menschenrechte angesehen werden.