AUSTRALIEN: Steht Australien ein grosser Rückschritt in der HIV-Prävention bevor?

AUSTRALIEN: Steht Australien ein grosser Rückschritt in der HIV-Prävention bevor?
Die Regierung im Bundesstaat New South Wales hat einen Gesetzesvorstoss vorbereitet, nach welchem alle mit HIV oder einer anderen sexuell übertragbaren Krankheit bestraft werden sollen, sofern sie nicht die nötigen Massnahmen treffen um Neuinfektionen zu verhindern. Zahlreiche HIV/Aids- und LGBT-Organisationen üben nun massive Kritik an der Regierung und fordern, von diesem Vorhaben abzusehen.

Es sei ein massiver Rückschritt in der HIV-Prävention, wenn man nun wieder anfange, HIV-Positive zu kriminalisieren, heisst es vom The Institute of Many (TIM), der grössten HIV-Organisation in Australien. In einem Brief schreibt die Organisation den auch an den Gesundheitsminister von New South Wales, dass man dieses Vorhaben noch einmal überdenken solle. Dieser Wechsel im Gesetz der öffentlichen Gesundheit würde die jahrelange, gute Arbeit, welche New South Wales gemacht habe, um die Ausbreitung von HIV zu beenden, wieder zunichtemachen. Gerade wenn man die jüngsten Zahlen ansehe, welche ein Allzeittief bei den Neuinfektioen zeigen, sei es wichtig, dass man den Kampf weiter fortsetze und nicht alles wieder rückgängig mache, was die geplanten Massnahmen mit der Bestrafung tun würden. Nic Holas, der Mitgründer von TIM erklärte dazu weiter, dass man jene, welche wissentlich und willentlich HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten weiter verbreiten, bestrafen soll, doch dazu gebe es bereits genug Gesetz, welche dies möglich machen. Dazu brauche es nicht nochmal ein Gesetz, welches dazu auch noch sehr unklar formuliert sei.

Der Grund für diese Kritik an der Regierung des australischen Bundesstaats New South Wales, zu dem auch Sydney gehört, liegt in einem neuen Gesetzesentwurf, wonach das Gesetz dahingehend geändert werden soll, wonach jeder, welcher mit HIV oder einer anderen sexuell übertragbaren Krankheit lebt, und nicht die nötigen Massnahmen trifft, um eine Weiterverbreitung zu verhindern, mit bis zu sechs Monaten Haft oder einer Busse von bis zu knapp 9000 Schweizer Franken bestraft werden kann.

Diverse Organisationen, wie auch TIM, wehren sich nun gegen diese Pläne und stören sich vor allem am Begriff der "nötigen Massnahmen", welcher zu schwammig formuliert sei. Dies würde Tür und Tor für Willkür öffnen, da dann jeder Richter von Fall zu Fall anders entscheiden könne, erklärte Nic Holas dazu. Reicht es, wenn man seinen Status bekannt gibt? Muss man immer Kondome benutzen? Muss man eine Virenlast haben, welche unter der Nachweisgrenze liegt? Oder müssen es alle drei Massnahmen sein. Man wisse es einfach schlicht nicht, da es so schrecklich unklar formuliert sei, führt der Mitbegründer von TIM weiter aus. Dieser Vorschlag würde bedeuten, dass jeder mit HIV oder einer anderen sexuell übertragen Krankheit dadurch bedroht ist, ernsthaft bestraft zu werden. Die Weltgesundheitsorganisation warne zudem vor solchen Massnahmen, denn diese würden eher zu höheren Zahlen bei Neuinfektionen führen als zu tieferen. Es würden die Leute nämlich dazu ermutigt, sich nicht mehr testen zu lassen, denn wer von seiner Erkrankung nichts weiss, der kann auch nicht vorsätzlich handeln. Schlussendlich müsse man sich einfach bewusst sein, dass solche Massnahmen die Stigamtisierung, die Diskriminierung und nicht zuletzt die Ängste wieder befeuere.

Auch ACON, eine führende LGBT-Organisation in New South Wales, argumentiert ähnlich und bekämpft die Pläne. Diese Änderungen seien vollkommen unangebracht. Es gebe das Verlangen nach konstruktiven und praktikablen Massnahmen um Menschen zur Seite zu stehen und sie dazu zu bringen, für ihre sexuelle Gesundheit Verantwortung zu übernehmen, damit HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten nicht weiter verbreitet werden. Doch die Kriminalisierung des Sexualverhaltens sei definitiv kontraproduktiv.

New Sounth Wales hat innerhalb Australiens den grössten Anteil an Männern, die Sex mit Männern haben. In jüngster Zeit hat der Bundesstaat eine massive Abnahme von HIV-Neuinfektionen von 39 Prozent verzeichnet, dies nicht zuletzt durch die immer weitere Verbreitung von PrEP. Im ersten Halbjahr 2017 hatte New South Wales dadurch die tiefste Anzahl an HIV-Neuinfektionen seit dem Beginn der Aids-Epidemie in den 1980ern.