INDIEN: Obergericht gibt der Ehe für alle eine Abfuhr

INDIEN: Obergericht gibt der Ehe für alle eine Abfuhr
Dieselben Argumente, welche die Richter anfangs schon bei der Entkriminalisierung von gleichgeschlechtlichem Sex brauchten, nutzen sie nun auch rund um die Frage derr Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare: Sie lehnten den Antrag ab, da sich das Parlament um die Angelegenheit kümmern müsse...

Die Absage des Obergerichts erinnert an die Zeit vor der Entkriminalisierung von gleichgeschlechtlichen Aktivitäten: Damals spielten sich Justiz und Politik ebenfalls jeweils den Ball zu ohne tatsächlich eine Entscheidung zu treffen. Die Politik müsse die nötige gesetzliche Grundlage schaffen, meinten die Richter, und die Politiker blieben untätig, da LGBTI+ Anliegen in Indien nach wie vor ein grosses Tabu sind und Wählerstimmen kosten könnten. Schlussendlich entschied sich das Oberste Gericht trotzdem, sich der Sache anzunehmen und legalisierte schliesslich gleichgeschlechtliche Aktivitäten im September des vergangenen Jahres in einem historischen Urteil.

Nun nutzte das Gericht erneut dasselbe Argument wie damals: Tajinder Singh stellte einen Antrag beim Obergericht und erklärte, dass die LGBTI+ Community ebenfalls grundlegende Rechte haben, und die Gleichstellung verdiene. Nach der Verfassung sollen nämlich alle gleich behandelt werden, ohne Diskriminierung, so Singh, und es sei der Staat, der dafür zu sorgen hat.

Die Richter des Obergerichts in Delhi sahen dies nun aber anders: Sie könnten das Parlament nicht beauftragen, einen Gesetzesentwurf zur Öffnung der Ehe auszuarbeiten. Es sei die Aufgabe des Gesetzgebers und nicht des Gerichts, die familiären Beziehungen der LGBTI+ Community anzuerkennen, so die beiden Richter D.N. Patel und C. Harishankar. Das Gericht wollte diesbezüglich zudem auch keine Kommission bilden.

Die Richter des Obergerichts in Delhi haben sich diesbezüglich in der Vergangenheit bereits die Finger verbrannt: Sie legalisierten 2009 bereits gleichgeschlechtliche Aktivitäten. Dieses Urteil wurde aber 2013 durch das Oberste Gericht wieder aufgehoben. Die Richter hätten mit diesem Urteil ihre Kompetenzen überschritten, und die Politik sei dafür zuständig die nötige Gesetzeslage zu schaffen. Damit wurde die Entkriminalisierung zum Spielball zwischen Justiz und Politik, bis die obersten Richter schlussendlich einwilligten und sich dem Fall annahmen. Gut möglich, dass sich auch das Anliegen für die Ehe für alle in eine ähnliche Richtung entwickelt...