RUSSLAND: Setzt sich erstmals eine Stadt über das Anti-Gay-Propagandagesetz hinweg?
Es ist das ständige Katz und Maus-Spiel zwischen den LGBT-Aktivisten und den russischen Behörden: Die Aktivisten reichen in den allermeisten Grossstädten in Russland in regelmässigen Abständen Gesuche ein, um eine Pride veranstalten zu dürfen, und die Behörden lehnen dies meist umgehend und diskussionslos mit dem Verweis auf das Anti-Gay-Propagandagesetz ab. So geschehen in der vergangenen Woche in Jekaterinburg, Tschelabinsk, Ufa, Kurgan und Sverdlovsk. Erfreuliche Neuigkeiten gibt es nun diesbezüglich aber aus der Millionenstadt Perm. Dort wurde ein entsprechendes Gesuch nämlich nicht einfach abgelehnt, sondern man hat sich zu Verhandlungen bereit erklärt um gemeinsam eine Lösung zu finden. Dies ist zwar nur ein kleines Zugeständnis, jedoch trotzdem ein erfreulicher Lichtblick, wenn man sich des gegenwärtigen, homophoben Klimas im Land bewusst ist.
Die Stadt Perm hat angekündigt, dass man sich mit dem Anliegen befassen werde um festzustellen, wie das Anti-Gay-Propagandagesetz tatsächlich zur Meinungs- und Versammlungsfreiheit stehe. Der Vorsitzende des Stadtrats von Perm, Yuri Utkin, erklärte dazu, dass die russische Regierung kein Recht habe, festzuschreiben, wer einen öffentlichen Anlass abhalten dürfe und wer nicht. Das Recht der Bürger, sich friedlich zu versammeln, stehe hier im Konflikt mit dem Bedürfnis, die Kinder vor Informationen zu schützen, welche ihre Gesundheit, ihre Moral oder ihre geistige Entwicklung verletzen könne, erklärt er weiter.
Die Gegner einer Pride haben nun zusätzlich aber auch noch eine Petition eingereicht, mit der sie fordern, dass die Bürger von Perm das Recht haben, in einem Land zu leben, in welchem sie nicht der öffentlichen Propaganda von Homosexualität oder anderer Anlässe ausgesetzt sind, welche der öffentlichen Moral schaden. Die Stadt Perm hat daher nun angekündigt, dass man beide Seiten anhören werde um danach eine Entscheidung zu treffen, ob am 7. November eine Pride durchgeführt werden kann oder nicht.
Die Veranstalter der Pride-Demonstration rechnen damit, dass sich rund 300 Personen auf einem Platz in der Stadt zusammenfinden werden um gemeinsam auf die Probleme und die Diskriminierung gegen die LGBT-Community aufmerksam zu machen. Als Vorschlag zur Lösung des Konflikts wurde beispielsweise genannt, dass man den Anlass vom Stadtzentrum in einen Stadtpark verlegen würde, welcher abgesperrt werde. Dort dürften dann nur Teilnehmer mit Tickets hin, um damit sicherzustellen, dass alle Teilnehmer sicher über 18 Jahre alt sind und damit nicht vom Anti-Gay-Propagandagesetz betroffen sind. Die Behörden erklärten diesbezüglich aber laut Yelena, einer 22-jährigen Aktivistin, welche die Pride mit organisiert, dass diese Massnahmen noch zu wenig weit gehen würden. Die Veranstalter wehren sich aber dagegen, denn LGBTs davon abzuhalten, dass sie an öffentlichen Orten demonstrieren dürfen, verstosse ebenfalls gegen das Gesetz. Sie hoffen nun, dass die Behörden in Perm dies einsehen und anerkennen, dass die homophobe Gesetzgebung nicht denselben Stellenwert haben dürfe wie die grundlegendsten Rechte wie freie Meinungsäusserung und die Versammlungsfreiheit.