SCHWEIZ: "iel" - Wort des Jahres der Romandie
Während neue Wortschöpfungen und Wortkombinationen schon fast zum Alltag gehören, kommt es doch äusserst selten vor, dass eine Sprache gleich ein neues Pronomen erhält. Was im Englischen mit "they" bereits passiert ist, hielt nun auch in der französischen Sprache Einzug. „iel“ ist quasi ein drittes Pronomen, welches eine Person beschreibt, ohne deren Geschlecht zu definieren.
„iel“ wurde nun in der französischsprachigen Schweiz zum Wort des Jahres gekürt, und dies nur wenige Tage nachdem das Wort in Frankreich in die Online-Version des Wörterbuchs „Le Robert“ aufgenommen wurde. Dies zeige, dass die französische Sprache durchaus lebendig ist, heisst es in der Begründung des Forscherteams der ZHAW Angewandte Linguistik. Mit „iel“ trage man insbesondere dem Bedürfnis von einem Teil der Jugend Rechnung, welche wünsche, dass das Verhältnis von Sprache und Identität überarbeitet werde.
Bei der Verkündung des Wort des Jahres machte die ZHAW auch auf ein Paradox rund um „iel“ aufmerksam. Das Wort sei mit der Idee geschaffen worden, alle Menschen der Gesellschaft einzubeziehen, aber dennoch werde die Gesellschaft gerade durch dieses Wort auch in grossem Masse gespalten und polarisiert. Doch gerade diese Diskussionen die bereits passiert sind, und die noch folgen werden, seien der Grund, weshalb „iel“ das Wort des Jahres 2021 sei. Durch dieses Wort werde man mit Veränderungen konfrontiert, und man werde aufgefordert, darüber zu diskutieren, so die ZHAW weiter.
Von 2003 bis 2016 war jeweils das Büro Wort des Jahres für die Entscheidung in der Schweiz und in deutscher Sprache zuständig. Seit 2017 ermittelt nun ein Forschungsteam an der ZHAW Angewandte Linguistik dieses Wort und hat zusätzlich auch noch Französisch dazu genommen. 2018 kam zudem auch noch Italienisch, und 2019 Rätoromanisch dazu.
Die Entscheidung für das Wort des Jahres wird dabei forschungsbasiert gefällt. So werden mittels einer Textdatenbank erst zwanzig Wörter bestimmt, welche im laufenden Jahr häufiger als in den Jahren zuvor verwendet wurden. Eine Jury von Sprachprofis wählt darauf aus dieser Liste, aus Publikumsvorschlägen und aus eigenen Erfahrungen die markantesten drei Wörter aus. Mittels Wortgeschichten zeigen die Forschenden darauf auf, wie sich die Wörter im Sprachgebrauch der Schweiz innerhalb des vergangenen Jahres entwickelt haben. Zudem beschreiben sie auch, für welche gesellschaftlichen Veränderungen sie stehen.
Folgend die Wörter des Jahres 2021 in den verschiedenen Landessprachen:
Deutsch: 1. Impfdurchbruch / 2. Starkregen / 3. entfreunden
Französisch: 1. iel / 2. précarité / 3. variants
Italienisch: 1. certificato / 2. urgenza / 3. exploit
Rätoromanisch: 1. respect / 2. pazienza / 3. tgira
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