SCHWEIZ: Ständerat für Stiefkindadoption
Es waren gute und klare Worte, welche Justizministerin Simonetta Sommaruga während der Debatte im Ständerat wählte: Sie sprach sich für eine Modernisierung des Adoptionsrechts aus, und betonte, dass das Kindeswohl damit im Zentrum stehe. Der primäre Zweck des Adoptionsrechts sei es, elternlosen Kindern zu Eltern zu verhelfen. An die Adresse der Gegner sagte Sommaruga aber deutlich, dass ein Nein zu diesem Gesetzesentwurf nicht verhindere, dass Kinder bei schwullesbischen Paaren aufwachsen. Diese seien eine Tatsache und es ginge nun einzig darum, diesen Kindern auch eine rechtliche Absicherung zu bieten – etwa beim Tod der leiblichen Mutter oder des leiblichen Vaters.
Diese gesellschaftliche Realität nicht wahrhaben wollte CVP-Politiker Beat Rieder aus dem Kanton Wallis. Es gehe bei diesen Forderungen nicht um das Wohl des Kindes, sondern vielmehr um Salamitaktik, erklärte er. Homosexuelle könnten auf künstlichem Weg zu einem Kind kommen, etwa durch Leihmutterschaft, und der Partner oder die Partnerin könne dies dann adoptieren. Simonetta Sommaruga nahm ihm aber sogleich den Wind aus den Segeln, indem sie ihn belehrte, dass Leihmutterschaft verboten sei. Rieders Parteikollege Beat Vonlanthen von der CVP Freiburg, zeigte sich jedoch durchaus offen gegenüber der Stiefkindadoption. Diese würde eine bereits bestehende Familienbeziehung regulieren, erklärte er. Einer generellen Öffnung des Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche Paare steht aber auch er skeptisch gegenüber. Studien würden zwar zeigen, dass gleichgeschlechtliche Eltern die Entwicklung eines Kindes nicht negativ beeinflussen, die möglichen Auswirkungen dürften aber trotzdem nicht verharmlost werden.
Der schwule Ständerat aus dem Kanton Baselland, Claude Janiak, wiederum gab offen zu, dass später auch die vollständige Öffnung des Adoptionsrechts für schwullesbische Paare auf den Tisch kommen könnte. Es gebe kein Ende der Fahnenstange bei gesellschaftlichen Entwicklungen, führte er weiter aus, zudem würden auch Umfragen in der Bevölkerung zeigen, dass diese weit fortschrittlicher Denken als die Politik.
Gegen den Willen von CVP-, SVP- und gewissen FDP-Vertretern stimmte der Ständerat am Dienstagmorgen trotzdem mit deutlichem Votum mit 25 zu 14 Stimmen für die Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare. Weiter wurde in Bezug auf das Adoptionsrecht auch entschieden, dass das Mindestalter für eine Adoption von 35 auf 28 Jahre gesenkt werden soll. Die Dauer einer Ehe soll zudem künftig nicht mehr als Kriterium gelten, sondern, vielmehr soll die Dauer des gemeinsamen Haushalts ausschlaggebend sein. Diese müsse mindestens drei Jahre sein, damit ein Kind adoptiert werden kann. Auch war der Rat für eine zusätzliche Flexibilisierung des Adoptionsprozesses, falls nicht alle Voraussetzungen gegeben seien. Dann solle zu Gunsten des Kindeswohls entschieden werden. Die Vorlage des Bundesrats passte der Ständerat einzig im Punkt an, welche Behörde den Adoptionsentscheid fällen soll. Laut der kleinen Kammer sollen dies die Kantone selber entscheiden dürfen. In der Schlussabstimmung über das gesamte Gesetz sprachen sich die Ständeräte schlussendlich mit 32 zu 7 Stimmen für den Gesetzesentwurf aus. Damit geht die Debatte nun im Nationalrat weiter.