TSCHETSCHENIEN: Neue Details zur Schwulenverfolgung veröffentlicht
An einer Pressekonferenz stellte Igor Kochetkov, der Gründer des Russsian LGBT Network, unter anderem am Beispiel des bekannten tschetschenischen Sängers Zelimkhan Bakayev neue Details zur Schwulenverfolgung in Tschetschenien vor. Dabei stützte er sich auch auf Berichte der Zeitung Novaya Gazeta, welche als erstes Medienunternehmen überhaupt über die Vorfälle im Land berichtet hat. So sei der Musiker am 8. August zuletzt in der Hauptstadt Grosny gesehen worden. Die Befürchtungen konnten nun bestätigt werden: Auch Bakayev sei von den tschetschenischen Behörden wegen Verdachts auf Homosexualität verhaftet worden. Die Familie von Bakayev habe die Behörden so lange unter Druck gesetzt, bis sie mehr über den Aufenthaltsort des Sängers verrieten.
Doch wie weit die Behörden in Tschetschenien gehen, um ihre menschenverachtenden Taten zu verschleiern, zeigte sich gerade an diesem Fall deutlich. So wurde ein Video auf Youtube gepostet, welches den Sänger angeblich in Deutschland zeigen soll. Die staatlichen Medien in Tschetschenien verbreiteten das Video ebenfalls und erklärten, dass Bakayev sich bereits ins Ausland abgesetzt habe. Doch selbst die russischen Medien glaubten diesem Video nicht, und erklärten, dass auf dem Tisch ein Energy Drink stehe, welcher nur in Russland und nicht in Deutschland erhältlich sei, und auch die Möbel seien von einem russischen Produzenten. Igor Kochetkov erklärte an der Konferenz weiter, dass die Behörden in Tschetschenien sich geweigert hätten einen Strafantrag in Bezug auf den Sänger anzunehmen. Auch weitere Aushängeschilder der Unterhaltungsindustrie in Tschetschenien sollen plötzlich von der Bildfläche verschwunden sein und es besteht der Verdacht, dass auch sie gefoltert wurden, um noch mehr Namen von LGBTs aus ihnen herauszupressen, natürlich auch in Bezug auf Zelimkhan Bakayev, um so an Beweise für dessen angebliche Homosexualität zu finden.
An der Konferenz stellte sich auch eines der ersten Opfer der Verfolgung in Tschetschenien den Medien. Maksim Lapunov erzählte, dass er im März auf der Strasse in Grosny aufgegriffen und abgeführt wurde, und zwar von Männern in Zivil. Er sei während rund zwei Wochen geschlagen und gefoltert worden. Den Grossteil dieser Zeit habe er in einem Keller verbringen müssen, welcher noch voller frischer Blutspuren war. Die Verantwortlichen für diese Gräueltaten hätten ihn immer wieder misshandelt um Namen von anderen LGBTs, welche auch in der Hauptstadt leben, zu erfahren. Er sei wohl freigelassen worden, so Lapunov weiter, weil es viele Zeugen für seine Verhaftung auf offener Strasse gab, und weil seine Familie in der russischen Region Perm ihn als vermisst gemeldet haben. Als er schliesslich freigelassen wurde, habe er kaum noch kriechen können.
Seit April, so heisst es von Seiten des Russian LGBT Network weiter, seien sie von 79 Personen kontaktiert worden, welche von dieser Verfolgung betroffen gewesen seien. Mindestens 27 von ihnen seien ebenfalls gekidnappt und gefoltert worden. Er habe zudem Belege, dass 15 Männer nach ihrer Festnahme den Verwandten übergeben wurden, seither fehle aber jede Spur von ihnen. Dies lässt Befürchtungen zu, dass einige der Aufforderung des tschetschenischen Präsidenten Ramzan Kadyrov gefolgt sind, wonach Familien ihre LGBT-Verwandten umbringen sollen.