UK: Was bedeutet Boris Johnson als Premier für die LGBTI+ Community
Bei der heutigen Wahl in London konnte sich Boris Johnson deutlich gegen seinen Gegner, den ehemaligen Aussenminister Jeremy Hunt, durchsetzen. Und so wurde er zum 77. britischen Premierminister und damit zum Nachfolger der abtretenden Theresa May bestimmt. Zudem wurde Johnson auch also Vorsitzender der Konservativen bestätigt.
Schon als Bürgermeister von London von 2008 bis 2016 war Boris Johnson für seine unkonventionelle Art bekannt. Nie um ein Argument oder ein Wort verlegen, eckte er mit seiner Politik aber auch immer wieder an - und machte sich auch innerhalb der LGBTI+ Community nicht nur Freunde, im Gegenteil. Während seiner Zeit als Journalist, bezeichnete er in einer Kolumne im Telegraph schwule Männer als "bum boys" und die Ehe für alle verglich er in seinem Buch aus dem Jahr 2000 gar mit einer Ehe von drei Männern und einem Hund. Aus diesem Grund fordern viele LGBTI+ Akivisten, dass Boris Johnson seine Amtzeit als Premier mit einer Entschuldigung für die damaligen, verbalen Entgleisungen beginnen soll.
Doch was bedeutet die Wahl Boris Johnsons sonst für die LGBTI+ Community? Als Populist ist er auch ein absoluter Befürworter selbst eines harten Brexit. Gerade für die LGBTI+ Community und deren Rechte ist der Brexit an sich aber desaströs, wie mehrere Studien belegen. Doch während Johnson in der Vergangenheit eine zwiespältige Rolle in Bezug auf die Rechte der Community gespielt hat, so scheint er doch einen Wandel vollzogen zu haben.
Während seiner Zeit als Bürgermeister der britischen Hauptstadt hat er sich dafür eingesetzt, dass die Pride mitfinanziert wird, und dass LGBTI+ feindliche Werbungen im Öffentlichen Verkehr verschwanden. Als Aussenminister hat er sich zudem dafür ausgesprochen, dass auf den britischen Botschaften auch Regenbogenfahnen gehisst werden und mit anderen Aussenministern des Commonwealth hatte er harte Debatten, damit sich diese verstärkt für die Rechte der Community einsetzen. Im Parlament hat er zudem die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare unterstützt, und sich bereits vor vielen anderen Abgeordneten dafür ausgesprochen.
Laut dem bekannten, britischen LGBTI+ Aktivisten Peter Tatchell, sei Boris Johnson teilweise unterstützend gewesen, teilweise habe er sich aber auch einfach enthalten. Es scheint, als ob der Politiker zwar die Anliegen jeweils supportet, aber kaum aus eigenem Antrieb etwas gegen die noch immer bestehenden Diskriminierungen unternahm.
Doch wie sieht es mit der Zukunft aus? Auf die Frage der LGBT+ Conservatives anfangs Jahr, was er als Parteivorsitzender und möglicher Premierminister für die Community machen würde, erklärte Johnson, dass seine Regierung die Anliegen der LGBTI+ nicht als erledigt ansehen werde. Er werde sich weiter für die Gleichstellung einsetzen, hart gegen Hassverbrechen vorgehen, und sicherstellen, dass die Hindernisse abgebaut werden, welche eine faire Gesellschaft garantieren sollen. Er werde auch die Rechte der Transmenschen schützen und sich für LGBTI+ inklusiven Schulunterricht einsetzen, auch wenn es Proteste gebe. Um die Anliegen umzusetzen, werde er eng mit den LGBT+ Conservatives zusammenarbeiten.
Da er aber Donald Trump schon fast bewundert, macht es Johnson wiederum schwierig, diese Worte ernst zu nehmen. So hat doch auch Donald Trump während dem Wahlkampf erklärt, dass er der beste US-Präsident für die LGBTI+ Community sein werde, den es je gab. Wo wir diesbezüglich heute stehen, ist allgemein bekannt.
Boris Johnsons wichtigste Aufgabe dürfte es nun erstmal sein, die Briten zu einen, denn nach dieser Wahl dürften sich viele, verständlicherweise, ausgeschlossen fühlen. Denn nicht das britische Volk konnte zwischen Johnson und Hunt entscheiden, sondern, es waren nur die 160'000 Mitglieder der Konservativen Partei, welche diesbezüglich das Sagen hatten, denn es ist die Regierungspartei, welche jeweils den Premierminister wählt. Die Briefwahl endete gestern Abend um 17 Uhr und somit konnte heute das Ergebnis bekannt gegeben werden. Viele dürften sich nicht von Johnson repräsentiert fühlen, ist der durchschnittliche Wähler der Konservativen doch männlich, weiss, rund 57-jährig und eben, ein Brexit-Befürworter...