USA: Mahnmal für Opfer des Pulse-Attentats über Nacht von Behörden entfernt- doch dann...

USA: Mahnmal für Opfer des Pulse-Attentats über Nacht von Behörden entfernt- doch dann...
Der Stadtrat und die Bevölkerung sind wütend: In einer Nacht- und Nebelaktion hat das Transportministerium von Florida ihre Drohungen wahr gemacht und das Mahnmal für die Opfer des Attentats auf den queeren Nightclub Pulse in Orlando, ein Regenbogen-Fussgängerstreifen, kurzerhand übermalt. Doch die Behörden haben die Rechnung ohne die Community gemacht, denn diese weiss sich zu wehren...

Seit dem Jahr 2017 existierte auf der West Esther Street in Orlando ein Fussgängerstreifen in den Farben der Pride-Fahne. Dieser wurde als Mahnmal für die 49 Todesopfer und die 53 Verletzten des Attentats auf den Pulse Club vom 12. Juni 2016 in unmittelbarer Nähe des ehemaligen LGBTI+ Clubs errichtet - mit der offiziellen Bewilligung durch das Florida Department of Transportation FDOT. Doch nun, Jahre später, hat eben diese Behörde ernst gemacht und die Drohungen des republikanischen Gouverneurs Ron DeSantis umgesetzt, wonach alle Pride-Fussgängerstreifen im Bundesstaat übermalt werden sollen.

In den frühen Morgenstunden vom Donnerstag wurde selbst dieses Mahnmal beim Standort des ehemaligen Pulse Nightclub Opfer dieser feindlichen Aktion und durch einen Standard-Fussgängerstreifen in schwarz und weiss ersetzt. Doch die Behörden haben dabei die Rechnung ohne die Bevölkerung und die Queer Community gemacht: Nur wenige Stunden später versammelten sie sich beim nun konventionellen Fussgängerstreifen und sie begannen diesen wieder zu übermalen, damit er erneut in den Farben der Pride-Flag zu sehen ist. Brandon Wolf, selber Überlebender des Attentats, bedankte sich bei der Community in Orlando für diese Aktion.

Zuvor zeigte sich nicht nur die LGBTI+ Community entsetzt über das feindliche Vorgehen der Regierung DeSantis, sondern auch die Bevölkerung Orlandos und viele Politiker:innen. Anna V. Eskamani, eine demokratische Abgeordnete für den Bundesstaat Florida, zeigte sich empört und erklärte, dass das Mahnmal nicht nur für die LGBTI+ Community von grosser Bedeutung sei, sondern für die gesamte Bevölkerung. Vor bald zehn Jahren seien an diesem Ort 49 Menschen, hauptsächlich LGBTI+ Personen, ermordet worden, und aus diesem Grund habe man diesen Fussgängerstreifen erhalten wollen, so Eskamani. Doch nun habe das FDOT offenbar über Nacht dieses Mahnmal übermalt, ohne Ankündigung, ohne Vorwarnung und ohne die Stadt vorgängig zu informieren. Dies sei beschämend, und dass sie dies mitten in der Nacht gemacht haben, zeige schon den Fanatismus, der dahinter steckt, so die Politikerin weiter.

Auch Carlos Guillermo Smith, ein Staatsenator von Florida, zeigte sich erschüttert. Er ist der erste schwule Latino im Parlament des Bundesstaats. Er drohte der Regierung DeSantis mit einer Klage, da diese mit dieser Aktion illegal städtisches Eigentum beschädigt habe, ohne Orlando zu informieren oder eine Bewilligung einzuholen. Es sei eine feindselige Handlung der Regierung DeSantis gegenüber der Stadt Orlando gewesen, so Smith, und eine Beleidigung für alle Familien und Überlebenden des Attentats. Sie seien sich bewusst gewesen, dass diese Tat falsch sei, deshalb hätten sie es mitten in der Nacht gemacht. Er hoffe, dass die Stadt Orlando den Fussgänger wieder aufmalt und den Bundesstaat verklagt. Dies ist auch geschehen und Smith war selber mit dabei und hat zur Kreide gegriffen um mitzuhelfen.

Erstaunt zeigte sich auch Patty Sheehan, die erste gewählte, queere Stadtbeamtin von Orlando. Man habe alles genau nach dem Gesetz des Bundesstaats gemacht, alles war rechtmässig, so Sheehan. Das FDOT habe noch nie so schnell reagiert wie in diesem Fall. Man habe seit Jahrzehnten so viele Diskriminierungen von Seiten des Staats erlebt, und wie bei jeder Attacke, geht es auch diesmal vor allem darum Ängste zu schüren, uns zu entmutigen und uns in den Schatten zurückzudrängen.

Selbst der Bürgermeister von Orlando, Buddy Dryer, fand deutliche Worte und sprach von einem böswilligen, politischen Akt. Es sei eine gefühllose Aktion, in aller Eile einen Teil eines Mahnmals zu entfernen, welches für den damals grössten Massenmord in unserem Land errichtet wurde, so Dryer, und dies ohne Sicherheitsfragen abzuklären oder Diskussionen. Dies sei grausam.

Vor wenigen Wochen hat der neue Transportminister Sean Duffy, notabene der Nachfolger von Pete Buttigieg, die Safe Roads Kampagne lanciert. Diese sieht vor, dass alle Kunstwerke, Schriften oder anderen Symbole, welche nichts mit der Strasse zu tun haben, entfernt werden müssen. Als Begründung nannte er Sicherheitsbedenken. Es wird aber weithin angenommen, dass sich diese Massnahme insbesondere gegen die LGBTI+ Community richtet und deshalb eingeführt wurde. Breitangelegte Studien besagen nämlich das Gegenteil: Auf Pride-Fussgängerstreifen gibt es statistisch gesehen signifikant weniger Unfälle.