USA: Nach dem Urteil ist vor dem Urteil
Eigentlich hätte das Oberste Gericht gleich noch ein weiteres Urteil verkünden können, hängt es doch eng mit jenem zusammen, welches die Richter vor wenigen Tagen verlesen haben: So sprachen sie sich zwar in einem historischen Urteil dafür aus, dass LGBTI+ nicht aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität entlassen werden können, doch das Thema der Religion wurde dabei noch nicht behandelt. Damit haben sich die Richter nun zu befassen.
So werden die Richter in ihrer nächsten Sitzungsperiode ab Oktober zu klären haben, ob es Einzelpersonen, Firmen oder Organisationen erlaubt sein soll, dass sie religiöse Ansichten oder ihren Glauben als Begründung nennen dürfen, wenn sie sich gewissen Gesetzen und staatlichen Richtlinien widersetzen, wie etwa dem Schutz vor Diskriminierung. Dabei geht es im konkreten Fall um die Stadt Philadelphia, welche die Zusammenarbeit mit einer zur römisch-katholischen Kirche gehörenden Organisation beendet hat, weil die Organisation beim Platzieren von Pflegekindern gleichgeschlechtliche Paare nicht berücksichtigen wollte. Damit verletze die Organisation die Anti-Diskriminierungsrichtlinien der Stadt.
Die Organisation fordert nun das Supreme Court auf, ein Urteil aus dem Jahr 1990 aufzuheben, welches die Argumentation der Stadt teilweise stützt. Sollten die Richter nun die Beschwerde der Organisation gutheissen, dann hätte dies zur Folge, dass Diskriminierung massiv einfacher würde, wenn man sie mit der eigenen Religion begründet. Supreme Court-Richter Neil Gorsuch, welcher das Urteil betreffend dem Diskriminierungsschutz am Arbeitsplatz für LGBTI+ verlas, erklärte in der Urteilsbegründung explizit, dass man in einem zukünftigen Urteil bestimmen werde, wie die Religionsfreiheit in Bezug auf diesen Diskriminierungsschutz zu beurteilen ist.
Neben dem Punkt der Religion haben die Richter später zudem auch noch zu beurteilen, ob Diskriminierungsklagen auf Basis des Geschlechts, etwa im Bereich des Wohnungs- oder des Bildungswesens, auch für die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität gilt oder nicht. Dies wiederum dürfte dann beispielsweise darauf einen Einfluss haben, wenn Schulen, gerade in konservativeren Gegenden, es Transmenschen verweigern, dass sie jene Toiletten oder Umkleiden gebrauchen dürfen, zu welchen sie sich zugehörig fühlen.