HINTERGRUND: Was 2024 aus queerpolitischer Sicht wichtig wird…
Ende 2023 waren gleichgeschlechtliche Aktivitäten noch in 62 Ländern der Welt ein Verbrechen. Dies sind sechs Länder weniger als noch vor zwei Jahren und 24 weniger als noch im Jahr 2000. Dieser Trend dürfte sich in Zukunft weiter fortsetzen. Mögliche Kandidaten, welche gleichgeschlechtliche Aktivitäten noch in diesem Jahr legalisieren könnten, sind Namibia, sowie ein paar Karibikstaaten wie Dominica, Grenada, St. Lucia und St. Vincent und die Grenadinen. Auch in Kenia, Malawi und Tunesien stehen entsprechende Entscheidungen beim Supreme Court an.
Auch die Ehe für alle könnte in diesem Jahr in mehreren Staaten oder Regionen Realität werden, teils via das Parlament, teils über die Gerichte: So gibt es Debatten in Griechenland und Thailand, und in Arbuba, Curaçao und Sint Maarten könnte das Oberste Gericht der Niederlande die Entscheidung übernehmen. Möglicherweise könnte zudem auch Liechtenstein endlich die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare öffnen. Der Prinz hat zwar erklärt, dass er das Veto einlegen würde, doch der Support für das Anliegen könnte ihn vielleicht trotzdem noch umstimmen.
Ein Verbot von Konversionsmassnahmen könnte endlich auch in der Schweiz umgesetzt werden. Die entsprechenden Debatten dazu laufen hierzulande, ebenso wie in Irland und Österreich. Zudem könnte dieses Verbot auch in Grossbritannien endlich Realität werden, so wie es verschiedenste Regierungen bereits seit Jahren versprechen.
Was in diesem Jahr aus queerpolitischer Sicht ansteht:
Bereits in wenigen Tagen respektive Wochen könnte in Griechenland ein Entwurf für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare im Parlament vorliegen. Die Kirche hat bereits ihre Opposition angekündigt, die Bevölkerung zeigt sich gespalten, doch immer mehr Politiker, darunter auch von konservativen Parteien, sprechen sich offenbar für das Anliegen aus.
Im vergangenen Dezember fand die erste Lesung im thailändischen Parlament zur Öffnung der Ehe für LGBTI+ statt. Eine deutliche Mehrheit sprach sich für das Anliegen aus, wodurch es in den kommenden Wochen zur zweiten Lesung kommen kann. Schlussendlich würde das Gesetz dann dem König vorgelegt, welcher die Einführung der Ehe für alle endgültig besiegeln könnte.
Es gibt bereits zahlreiche Gemeinden und Präfekturen in Japan, welche queeren Paaren die Möglichkeit geben, ein Partnerschafts-Zertifikat zu beantragen. Die Präfektur Aichi geht nun aber noch einen Schritt weiter und wird ab April als erste im ganzen Land Kinder von gleichgeschlechtlichen Paaren, welche ein solches Zertifikat haben, als Familie anerkennen.
Im Mai wird das Oberste Gericht in Namibia seine vorläufig finale Entscheidung bekanntgeben, ob gleichgeschlechtliche Aktivitäten im Land legalisiert werden. Dass das Urteil just am 17. Mai, am Internationalen Tag gegen LGBTI+ Feindlichkeiten bekanntgegeben wird, könnte als ein erstes Indiz angesehen werden, in welche Richtung es gehen könnte.
Bereits im vergangenen Jahr hat Lettland als nach Estland zweiter Staat des Baltikums für ein Partnerschaftsgesetz gestimmt. Dieses Gesetz wird schliesslich im Juli in Kraft treten. Bereits am 1. Januar 2024 ging Estland zudem einen Schritt weiter und öffnete die Ehe für alle.
Am 5. November wird in den USA gewählt und damit endet ein bereits jetzt äusserst gehässig und mitunter queerfeindlich geführter Wahlkampf. Insbesondere für LGBTI+ ist es eine Schicksalswahl, denn sollten sich die Republikaner tatsächlich gegen Joe Biden durchsetzen, dann drohen in den gesamten USA queerfeindliche Gesetze, wie wir sie bereits jetzt aus Bundesstaaten wie Florida, Texas oder Tennessee kennen.
Vietnam könnte die rechtliche Situation für trans Menschen verbessern. Bereits im vergangenen Jahr wurde ein Gesetzesentwurf vorgestellt, welcher trans Menschen erstmals die Möglichkeit geben würde, ihr Geschlecht in den Dokumenten rechtlich anzupassen.
Trotz Krieg läuft der politische Prozess in der Ukraine weiter: Nachdem im vergangenen Jahr ein Entwurf für ein Partnerschaftsgesetz eingereicht wurde, könnte es damit nun weiter gehen. Gerade in der aktuellen Situation, im Kriegsfall, wäre dies für gleichgeschlechtliche Paare besonders wichtig, da sie sonst keine Möglichkeit haben, sich rechtlich abzusichern. Die jeweiligen Partner:innen können dabei beispielsweise keine Entscheidungen treffen was medizinische Behandlungen oder auch Beerdigungen betrifft.
In Costa Rica, Kolumbien, Neuseeland, den Philippinen, den USA und in Venezuela liegen Gesetzesentwürfe vor, welche den Diskriminierungsschutz für queere Menschen auf Basis der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität ausbauen würden. Diese könnten noch in diesem Jahr verabschiedet werden.
In Malawi stehen die Gesetze gegen Homosexualität und "Crossdressing" auf dem Prüfstand: Eine trans Frau hat geklagt und nun soll der Oberste Gerichtshof noch 2024 darüber entscheiden, ob die bestehenden Gesetze gegen LGBTI+ verfassungsmässig sind, oder ob sie aufgehoben werden müssen.
In Uganda wird sich das Verfassungsgericht mit einem der härtesten Anti-LGBTI+ Gesetze der Welt befassen. Dabei sollen die Richter beurteilen, ob das Gesetz, welches 2023 eingeführt wurde, mit der Verfassung des Landes zu vereinbaren ist.
In Deutschland geht die Debatte rund um das Selbstbestimmungsgesetz weiter.
In Ghana könnte es bald illegal werden, sich überhaupt als LGBTI+ zu identifizieren. Ein neues, strengeres Anti-LGBTI+ Gesetz soll queere Menschen weiter kriminalisieren. Die zweite Lesung im Parlament soll voraussichtlich noch in diesem Jahr stattfinden.
Möglicherweise geht es in Sri Lanka mit einem Gesetzesentwurf weiter, mit welchem gleichgeschlechtliche Aktivitäten legalisiert werden sollen. Die Regierung hat grundsätzlich ihre Unterstützung zugesagt, doch seither liegt der Entwurf unbehandelt im Parlament.