PORTRAIT: In Erinnerung an die grosse HIV/Aids-Aktivistin Elizabeth Taylor

PORTRAIT: In Erinnerung an die grosse HIV/Aids-Aktivistin Elizabeth Taylor
Dass der Kampf gegen HIV/Aids ein enormes Anliegen für Elizabeth Taylor war, ist hinlänglich bekannt, doch wie nun Freunde der vor zehn Jahren verstorbenen Schauspielerin erzählen, ging ihr Engagement noch weit über das hinaus, was allgemein bekannt war. Elizabeth Taylor soll in den frühen 90er Jahren von ihrem Haus in Bel Air aus noch nicht zugelassene Medikamente verteilt haben, ähnlich wie dies der berühmte Dallas Buyers Club machte. Angst, dafür ins Gefängnis zu müssen, habe sie nicht gekannt. Am 23. März 2011 verstarb Elizabeth Taylor im Alter von 79 Jahren in Los Angeles.

“I decided that with my name I could open certain doors, that I was a commodity in myself – and I’m not talking as an actress. I could take the fame I’d resented and tried to get away from for so many years – but you can never get away from it – and use it to do some good. I wanted to retire, but the tabloids wouldn’t let me. So I thought, ‘If you’re going to screw me over, I’ll use you.’”

Elizabeth Taylor

Unvergessen waren ihre insgesamt drei Reden vor dem US-Kongress, als sie Ende der 80er Jahre mehr staatliches Engagement gegen Aids forderte, und als sie Anfangs der 90er Jahre die amerikanische Regierung anprangerte, dass zwar viele Millionen im Kampf gegen HIV/Aids gesprochen wurden, jedoch nicht mal ein Drittel davon auch tatsächlich ausgegeben wurde. So zeigt das Bild Elizabeth Taylor an der Seite der heutigen Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, am 6. März 1990 bei einem Besuch im US-Kapitol, als sie vor dem House Budget Committee über die Ausgaben für HIV/Aids sprach. Bereits Jahre zuvor war sie eine der Ersten, welche ihre Stimme für die HIV/Aids-Kranken erhob, und Mitte der 80er Jahre half sie mit amfAR, die American Foundation for AIDS Research, zu gründen. Zusammen mit der The Elizabeth Taylor AIDS Foundation, welche sie 1991 ins Leben rief, sammelte die Schauspielerin Zeit ihres Lebens über 270 Millionen US-Dollar. Extra für die Gründung ihrer Stiftung verkaufte sie etwa die Rechte für ihre Hochzeitsfotos für drei Millionen US-Dollar an den meistbietenden Medienverlag. Mit ihrer Stiftung setzte sie sich für kostenlose HIV-Tests ein, aber auch dafür, dass mehr Geld in die HIV/Aids-Forschung investiert wird. Während all dieses Engagement vor den Augen der Weltöffentlichkeit passierte und sie ihre Popularität medienwirksam einzusetzen wusste, so bewegte sich Elizabeth Taylor im Hintergrund aber oftmals in der Illegalität. Wie erst jetzt, fünf Jahre nach ihrem Tod bekannt wurde, soll die Schauspielerin von ihrem Haus in Bel Air aus noch nicht geprüfte und zugelassene Medikamente an Aids-Patienten verteilt haben – ähnlich dem berühmten Dallas Buyers Club in Texas.



Ihre Villa in Bel Air, Los Angeles, war während der Anfänge der Aids-Epidemie, als die Krankheit noch kaum verstanden wurde und vor allem ein belastendes Stigma war, eine Art Safe House. Vieles, was Elizabeth Taylor damals gemacht habe, war illegal, aber es hat Leben gerettet, erzählt die enge Vertraute und Geschäftspartnerin der Schauspielerin, Kathy Ireland, gegenüber Entertainment Tonight. Ihre Geschäftspartner hätten sie immer wieder aufgefordert, die Finger davon zu lassen. Sie habe Todesdrohungen erhalten, Freunde hätten sich von ihr abgewendet, als sie um Hilfe anfragte, doch Elizabeth Taylor habe stets unglaublichen Mut bewiesen und sich nie unterkriegen lassen. Sie habe dazu ihr eigenes Geld benutzt, beschreibt Ireland das Engagement der Filmikone weiter, und sie habe sogar Schmuck verkauft um an finanzielle Mittel zu kommen. Die Schauspielerin sei sich auch vollkommen bewusst gewesen, dass sie für ihre Aktivitäten hätte ins Gefängnis wandern können, doch sie habe keine Angst gezeigt. Angst und Elizabeth Taylor, dass passe nicht in einen Satz.



Doch dies ist nicht das einzige, was fern der Medien geschah: Elizabeth Taylor sei oftmals, ohne die Medien, ohne die Presse, in die Aids Hospiz gefahren um sich mit Patienten zu treffen. Sei es nur um sie zu umarmen, denn gerade diese körperliche Nähe fehlte den Aids-Kranken zu dieser Zeit wohl am meisten. Die Stigmatisierung, als noch kaum etwas über die Krankheit bekannt war, war enorm. Ihr Verhältnis zu den Medien war ohnehin ambivalent. So wurde ihr Privatleben von den Boulevardblättern jeweils regelrecht ausgeschlachtet, und besonders ihr Liebesleben wurde peinlichst genau beobachtet. Durch ihr Engagement für Aids-Angelegenheiten hatte Elizabeth Taylor nun endlich einen Weg gefunden, um die Medien einmal für sich zu nutzen und das schwierige Thema HIV/Aids in die Öffentlichkeit zu tragen.



Ihr frühes und unermüdliches Engagement für HIV-Positive und Aids-Kranke hat sicherlich auch mit ihrem Umfeld zu tun. Sie war eng mit Rock Hudson befreundet, dessen Homosexualität und auch dessen HIV-Diagnose erst kurz vor seinem Tod im Jahr 1985 bekannt wurde. Doch auch ihr persönlicher Sekretär Roger Wall hat sich mit der Immunschwächekrankheit infiziert. Die Beiden verband eine sehr enge Freundschaft. Als er sich im Jahr 1991 das Leben nahm, sprach Taylor von einem der grössten Verluste, welchen sie je erlebt habe. Etwa zur selben Zeit Erfuhr sie zudem auch, dass ihre Schwiegertochter Aileen Getty ebenfalls HIV-positiv ist. Daneben waren auch noch viele weitere, sehr enge Freunde an Aids erkrankt, welche zeitweise auch in ihrer Villa in Bel Air gewohnt haben. 



Dass ihre Bekanntheit Gewicht hat, war sie sich auch auf dem politischen Parkett durchaus bewusst. Dabei ging sie auch mit dem damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan, mit welchem sie befreundet war, hart ins Gericht. Früh hat Elizabeth Taylor die dramatische Situation und die noch folgenden Auswirkungen erkannt und aus diesem Grund nutzte sie ihren direkten Draht ins Weisse Haus auch mehrmals um Reagan zum Handeln zu bewegen – leider oft vergebens. Dessen Regierung, welche 1981 im selben Jahr an die Macht kam, wie sich die Aids-Epidemie in den USA auszubreiten begann, schätzte die Situation völlig falsch ein und ignorierte die Krise grösstenteils. Die Anträge nach finanziellen Mitteln um die Forschung rund um die Krankheit zu intensivieren wurden meistens nicht genehmigt. Bereits im ersten Jahr der Epidemie starben alleine in den USA bereits mehr als 1000 Menschen an Aids, die Centers for Disease Control (CDC) haben zu dieser Zeit noch weniger als eine Millionen US-Dollar in die Erforschung der Krankheit investiert. Es dauerte ganze sechs Jahre bis Ronald Reagan, nicht zuletzt auf drängen von Elizabeth Taylor, seine allererste Rede während seiner Präsidentschaft zum Thema HIV/Aids hielt. Zu dieser Zeit waren bereits 36'058 Amerikaner mit dem Virus infiziert und 20'849 sind bereits an Aids gestorben. Nach acht Jahren, am Ende von Reagans Präsidentschaft lebten 115'786 Menschen mit der Diagnose HIV/Aids und über 70'000 waren daran gestorben. Im Jahr 1987 sendete der Präsident schliesslich auf Drängen von Taylor auch eine offizielle Botschaft an einen Aids-Charity-Event, welcher von der Schauspielerin in Los Angeles organisiert wurde. Nichts desto trotz: Hätte Ronald Reagan die Warnungen der Ärzte und auch von Elizabeth Taylor ernster genommen und die Forschung vorangetrieben und ausreichend finanziert, so wird rückblickend davon ausgegangen, dass damit in den Jahrzehnten nach seiner Amtszeit bedeutend weniger Menschen an der Immunschwächekrankheit gestorben wären.


Auch an Reagans Nachfolger, Präsident George Bush Senior, wandte sie sich mit sehr deutlichen Worten, um ihn zum Handeln aufzufordern. Sie glaube nicht, dass Präsident Bush überhaupt etwas gegen Aids unternehme, erklärte sie an einer internationalen HIV/Aids-Konferenz im Jahr 1990, sie sei sich nicht mal sicher ob der Präsident überhaupt wisse, wie man Aids buchstabiert. Sein Sohn, George W. Bush, welcher von 2001 bis 2009 Präsident der USA war, machte die Versäumnisse seines Vaters aber zumindest teilweise wieder wett: Kein anderer Präsident vor oder nach ihm hat bislang mehr Geld in Aids-Projekte gesteckt als er. So sprach die US-Regierung in seiner Amtszeit 44 Milliarden US-Dollar für den President's Emergency Plan for AIDS Relief, welcher vor allem für Afrika gedacht ist. Damit wird geschätzt, dass Bush rund fünf Millionen Menschenleben auf dem arg gebeutelten Kontinent gerettet hat. 


Für ihren Einsatz für die HIV/Aids-Belange wurde Elizabeth Taylor mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt. So erhielt sie 1993 während den Oscar-Verleihungen den Jean Hersholt Humanitarian Award, im Jahr 1997 den Screen Actors' Guild Lifetime Achievement Award for Humanitarian service und den GLAAD Vanguard Award von der amerikanischen LGBT+-Organisation Gay & Lesbian Alliance Against Defamation im Jahr 2000. Sie war stets ihrer Zeit voraus, und äusserte bereits damals in ihrer Dankesrede bei GLAAD ihre Forderung, dass gleichgeschlechtliche Paare heiraten und Kinder adoptieren dürfen sollen. Auch politisch wurde sie mit Orden ausgezeichnet: Bereits im Jahr 1987 wurde sie in Frankreich in die Ehrenlegion aufgenommen, im Jahr 2001 erhielt sie schliesslich die Presidential Citizens Medal, die zweihöchste, zivile Auszeichnung der USA, und von der Queen höchstpersönlich wurde sie zur Dame ernannt.



Elizabeth Taylor bleib Zeit ihres Lebens eng mit der Gay Communtity verbunden, selbst gesundheitlich schwer angeschlagen und auf einen Rollstuhl angewiesen, besuchte sie noch im hohen Alter immer wieder die Schwulenbar The Abbey in West Hollywood. Die Bar widmete ihr auch einen eigenen Raum – den Elizabeth Taylor Room, ihr Lieblingsplatz in der Bar.

Elizabeth Taylor verstarb vor zehn Jahren, am 23. März 2011, im Alter von 79 Jahren im Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles an den Folgen eines Herzfehlers. Beerdigt wurde sie im Forest Lawn Memorial Park in Glendale, Kalifornien, ganz in der Nähe wo auch Michael Jackson begraben liegt. Für ihre private Abdankung verlangte die für ihre Unpünktlichkeit bekannte Schauspielerin explizit, dass ihr Sarg 15 Minuten zu spät kommen soll, denn, wie ihr Sprecher erklärte, wollte sie sogar zu ihrer eigenen Beerdigung unpünktlich sein...

Mehr Infos: www.elizabethtayloraidsfoundation.org