ÖSTERREICH: Viel Neues und eine Überraschung

ÖSTERREICH: Viel Neues und eine Überraschung
Seit dem 1. April dürfen sich gleichgeschlechtliche Paare im Standesamt verpartnern, zudem können sie neu auch einen gemeinsamen Familiennamen tragen. Für eine Überraschung sorgte indes die wohl bekannteste LGBT-Organisation Österreichs, die HOSI Wien: Für sie stehen die schwullesbischen Paare mit der Eingetragenen Partnerschaft nun sogar besser da als Ehepaare, daher sei die Öffnung der Ehe momentan nicht mehr prioritär.

Zuerst zu den Neuerungen, welche am 1. April in Österreich eingeführt wurden: Nach längerem politischen Hin und Her wurden die Standesämter endlich auch für die Verpartnerung von gleichgeschlechtlichen Paaren geöffnet. Bislang musste diese Zeremonie bei den Bezirksverwaltungsbehörden geschlossen werden. Zudem war es schwullesbischen Paaren nur möglich einen gemeinsamen Nachnamen zu wählen, was ein weiterer Unterschied zur Ehe darstellte. Auch dies wurde nun aufgehoben: Seit dem 1. April können gleichgeschlechtliche Paare nämlich nun auch einen gemeinsamen Familiennamen wählen.

Familienministerin Sophie Karmasin zeigte sich erfreut über die Entwicklungen, und dies obwohl sich ihre Partei, die ÖVP, lange gegen diese Anpassungen gewehrt hat. Sie freue sich, dass die Verpartnerung im Standesamt nun endlich Realität sei. Die Unterschiede zur Ehe würden damit miniert und die Neuerungen würden eine echte Verbesserung der Lebenssituation für gleichgeschlechtliche Paare mit sich bringen. Laut der SPÖ reichen die nun getroffenen Massnahmen aber noch nicht: Die Partei sieht weiterhin die vollständige Öffnung der Ehe als Ziel. Das Hartnäckig bleiben gegenüber der ÖVP habe sich gelohnt.

Überraschender ist dabei aber die Aussage von HOSI Wien, einer der bekanntesten LGBT-Organisationen Österreichs: Seit Samstag gehöre der bedeutendste Unterschied zwischen der Eingetragene Partnerschaft und der Ehe nach sechs Jahren endlich der Vergangenheit an. Doch, so sei die Eingetragene Partnerschaft aus Sicht der HOSI gar das bessere Rechtsinstitut als die Zivilehe. Was auf den ersten Blick sehr verwundert, wird doch auch in Österreich die Ehe für alle angestrebt, macht mehr Sinn, wenn man sich die Erklärungen der HOSI anschaut. Dies nicht zuletzt, da Österreich sowohl die Stief- und auch die Fremdkindadoption, sowie den Zugang zur künstlichen Befruchtung bereits für schwulllesbische Paare geöffnet hat.

Lui Fidelsberger von HOSI erklärt, dass das Partnerschaftsgesetz dem 21. Jahrhundert entstamme, und daher auch in zeitgemässer Sprache verfasst sei. Die Ansprüche an eine gleichberechtigte Partnerschaft würden damit voll erfüllt, und es sei besser als das Flickwerk der Gesetze, welche die Ehe betreffe. Deren Gesetze seien oftmals noch in den antiquierten, aus heutiger Sicht kurios anmutenden Formulierungen des 19. Jahrhunderts verfasst worden, zudem würde darin immer noch der Geist des Patriarchats verströmt.

HOSI geht sogar noch einen Schritt weiter und zieht das Partnerschaftsgesetz der Ehe vor – dies vor allem auch betreffend der Scheidungen. Während sexuelle Untreue bei der Zivilehe stets als Scheidungsgrund anerkannt wird, so gibt es in der Eingetragenen Partnerschaft die umfassende Vertrauensbeziehung, welche zählt. Dies sei aber nur auf die Inhalte bezogen, die Symbolkraft und die generelle Gleichstellung sei aber trotzdem stark zu gewichten. Aus diesem Grund fordert die HOSI vielmehr, dass das Ehe- und das Scheidungsrecht modernisiert werden solle, bevor es auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet wird. Die Öffnung sei aufgrund der aktuellen Zusammensetzung im Nationalrat eh nicht möglich, und daher will die HOSI ihre Energie lieber da rein stecken, um diese Modernisierung voranzutreiben. Zudem gebe es noch andere Bereiche, welche angegangen werden sollen, etwa die Aufklärungsarbeit, dass die Anti-Diskriminierungsbestimmungen besser umgesetzt werden, sowie das entschiedene Entgegentreten gegen Hassverbrechen und Hetze.