Unmasked: "Es ist schwierig, den Kindern Social Distancing zu erklären."

Social Distancing ist schon für Erwachsene alles andere als einfach, doch wie schwer muss das erst für Kleinkinder sein. David arbeitet in einer KiTa, in welcher die Kinder von Ärzten und vom Pflegepersonal betreut werden. Wie sich sein Alltag durch die Coronakrise verändert hat, erzählt er in unserer Serie "Unmasked"...

Kannst Du dich kurz vorstellen:
Ich heisse David, bin 33 Jahre alt und wohne in Zürich. Ich arbeite in einer Kindertagesstätte. In dieser Kindertagesstätte werden ausschliesslich Kinder von Ärzten oder Pflegepersonal betreut.
Als Mann in diesem Beruf wird man immer wieder mit Vorurteilen konfrontiert und kämpft gegen diese an. In meinem Privatleben, als schwuler Mann, passiert das auch. Mich hat das alles selbstbewusst gemacht. Ich stehe zu meinen Beruf und zu meiner Person.

Wie bist Du von der aktuellen Lage selber betroffen? Wie gehst Du damit um?
Ich bin insofern betroffen, weil ich weiterhin aktiv arbeiten muss. Im privaten Umfeld verändert sich einiges. Meine ganze Famillie lebt im Kanton Thurgau und ein Teil auch in Italien. Es ist schon traurig, dass so wenig Kontakt besteht im Moment. Meine Schwester, ihr Mann und meine Nichte wandern nach Schweden aus und aufgrund der aktuellen Lage kann ich mich nicht verabschieden. Ich vermisse ebenfalls meine Freunde. Immerhin gibt es Videochats und andere Möglichkeiten sich auszutauschen.
Ich lebe mit meinem Freund zusammen. Er studiert im Moment von zu Hause aus. Da ich arbeiten gehen kann, ist es auch möglich einen relativ normalen Alltag zu führen, was dabei hilft mit der Situation klar zu kommen.

Viele KiTas sind weiterhin offen, wie hat sich dein Alltag aber verändert?
Die Hygiene-Massnahmen haben sich extrem verschärft. Für das Personal und für die Kinder. Es gibt zB. keine Waschlappen oder Tücher aus Stoff mehr, sondern es werden Papiertücher verwendet. Bettbezüge, Schlaftücher etc. werden jeden Tag gewaschen. Man arbeitet vermehrt mit Handschuhen. Die Hände werden noch häufiger desinfiziert und gewaschen als zuvor.
Es ist auch so, dass die Eltern den Raum, wo sich die Kindergruppe befindet, nicht mehr betreten dürfen. Die Kinder werden direkt an die Türe gebracht und dort abgeholt. Der Austausch mit den Eltern wird reduziert. Falls es wichtige Fragen gibt, müssen diese per Telefon beantwortet werden.
Trotzdem sind wir im Vergleich zu anderen Berufen schlecht geschützt. Social Distancing mit kleinen Kindern ist unmöglich. Die meisten Mitarbeiter kommen mit dem ÖV zu Stosszeiten. Man hat ständig nahen Kontakt mit Mitarbeitern. Momentan hat man ein mulmiges Gefühl bei der Arbeit, gerade weil jeder vom Personal auch anders auf die Situation reagiert. Ich persönlich bin froh arbeiten zu können und meinen Teil dazu beizutragen, dass es weitergehen kann.

Durch die aktuelle Situation hat sich der Umgang mit unseren Mitmenschen drastisch verändert: Wie spürst Du dies gerade auch im Umgang mit den Kindern, ihnen die Situation zu erklären dürfte nicht so einfach sein, und auch im Umgang mit den Eltern?
Wie schon erwähnt ist es sehr schwierig Kindern das Prinzip von Social Distancing zu erklären bzw. sich daran zu halten. Wenn ein zweijähriges Kind sich den Kopf stösst oder traurig ist, dann muss es getröstet werden. Die etwas älteren Kinder bekommen natürlich viel von zu Hause aus mit und stellen immer mal wieder Fragen dazu. Wir kommunizieren offen mit den Kindern über das Thema Corona.
Den Kindern fällt es jedoch auf, dass wir angespannt sind. Sie kennen uns genauso gut wie wir sie, und sie spüren das etwas anders ist. Sie brauchen mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung.
Die Eltern zeigen sich uns gegenüber sehr dankbar. Sie sind froh arbeiten zu können und ihre Kinder betreuen zu lassen. Sie arbeiten alle im Gesundheitswesen und werden nun mehr gebraucht denn je. Es entsteht eine Art von gegenseitigem Respekt und Zusammenhalt. Dieser ist noch stärker als zuvor.

Was wünscht Du Dir von uns allen und was würdest Du uns gerne mit auf den Weg geben?
Ein grosses Danke an alle die auf irgendeine Art und Weise dafür sorgen dass es weitergeht. Auch ein grosses Danke an alle die sich an die Vorgaben des Bundes halten. Es ist wichtig das wir alle zusammenhalten.
Persönlich bin ich etwas traurig, dass die Pride verschoben wurde. Hoffentlich kann diese nachgeholt werden und wir können bald wieder gemeinsam, ohne Social Distancing, etwas bewegen.

gay.ch meldet sich auf Instgram zurück: Halte Dich über die Serie "Unmasked" und über andere News aus der Community auf dem Laufenden und folge gay.ch hier: Link

Unmasked: "Es ist schwierig, den Kindern Social Distancing zu erklären."