EUROPA: Menschenrechtskommissarin fordert europaweites Verbot von Koversionsmassnahmen
Diese Praktiken finden weiterhin in ganz Europa statt, oftmals rechtmässig und häufig unter dem Deckmantel von medizinischen und religiösen Grundsätzen, erklärt Dunja Mijatović, die Menschenrechtskommissarin des Europarats. Viele der Opfer würden weder eine Wiedergutmachung erhalten, noch würden ihre Schäden überhaupt als solche anerkannt, und dies trotz der tiefgreifenden und lang anhaltenden schädlichen Auswirkungen, welche solche Praktiken haben können. Dies müsse ein Ende haben. Die sogenannten Konversionsmassnahmen dürfen keinen Platz in einer Gesellschaft haben, welche auf Menschenrechten basiert. Damit forderte Mijatović in einem Brief die Mitgliedsstaaten des Europarats auf, Verbote dieser Praktiken umzusetzen.
Konversionsmassnahmen sind Versuche, die sexuelle Orientierung oder die Geschlechtsidentität von queeren Menschen zu verändern. Wie die Menschenrechtskommissarin weiter erklärt, passiere dies auf drei Wegen: Mittels Psychotherapie, mittels medizinischen Eingriffen oder über die Religion und den Glauben. Oft spiele dabei der Druck, der von der Familie ausgehe, eine entscheidende Rolle. Die Verbote müssen daher umfassend sein, und vorallem jene Unternehmen und Institutionen zur Verantwortung ziehen, welche diese anbieten.
Dunja Mijatović weist denn auch gleich auf ein grosses Problem hin: Aufgrund der verschiedenen Gesetzeslagen in den einzelnen Staaten würden solche Unternehmen und Institutionen einfach ihren Standort in jene Länder verlegen, in welchen Konversionsmassnahmen weiterhin legal sind. Um diese Praktiken zu bekämpfen müsse eine stärkere Sensibilisierung stattfinden, zudem soll ein Plan ausgearbeitet werden um solche Einrichtungen überall aufzulösen. Sie habe aber bereits festgestellt, so Mijatović, dass das Bewusstsein für Konversionsmassnahmen gestiegen ist, und dass in letzter Zeit in Bezug auf ein Verbot viel angestossen wurde.
Die aktuellen Bemühungen einzelner Mitgliedsstaaten des Europarats, um gesetzliche Verbote dieser Praktiken voranzubringen, seien eine willkommene Entwicklung, schreibt Mijatović weiter. Diese Verbote müssten dabei sorgfältig und so präzise wie möglich formuliert sein, damit sie den Grundsatz der Rechtssicherheit ebenso wahren wie sie im Einklang mit den Menschenrechten stehen müssen.
Wie verbreitet Konversionsmassnahmen in Europa sind, ist schwierig festzustellen. Eine Studie des Europäischen Parlaments sprach von mindestens zwei Prozent der queeren Menschen, welche davon betroffen sind oder waren. Doch Mijatović unterstreicht auch, dass die Dunkelziffer weit höher liegen könnte, da viele dieser Praktiken im verborgenen vollzogen werden. Es sei zudem beunruhigend, dass insbesondere Kinder und junge Erwachsene in einem höheren Ausmass diesen Praktiken ausgesetzt werden.
Konversionsmassnahmen stehen im Widerspruch zur übereinstimmenden Haltung von internationalen Menschenrechts- und Wissenschaftsgremien: Diese Praktiken funktionieren nicht nur nicht, sondern sie sorgen bei Betroffenen für enorme Traumata und immense psychische Probleme. Es sei daher auch wichtig, dass die Mitgliedsstaaten auch generell gegen politische und gesellschaftliche Anti-LGBTI+ Strömungen vorgehen, welche queere Menschen als abnormal darstellen wollen, denn auch dies würde bei LGBTI+ dafür sorgen, dass sie das Gefühl haben, sich Konversionsmassnahmen unterziehen zu müssen.