LIBANON: Bei den Wahlen waren LGBT-Rechte erstmals ein Thema
Es ist eine äusserst angespannte und schwierige Lage in der sich der Libanon befindet. Seit Jahren tobt ein brutaler Krieg im Nachbarland Syrien, dadurch kamen rund 1,5 Millionen Flüchtlinge ins Land, welches selber nur gerade etwas mehr als sechs Millionen Einwohner zählt. Hinzukommt die Einflussnahme aus der arabischen Welt, zum einen durch den Iran, zum anderen durch dessen Erzfeind Saudi Arabien. All dies machte es in den vergangenen neun Jahren kaum möglich, Wahlen im Land abzuhalten. Doch nun kam die längste Legislaturperiode des Landes zu einem Ende und am vergangenen Sonntag fanden erstmals wieder Wahlen statt. Dies führte auch dazu, dass die 21- bis 29-Jährigen nun erstmals in ihrem Leben wählen konnten, was rund 800‘000 neuen Wählern entspricht.
Ein Unterschied zu den letzten Wahlen ist dabei sicherlich, dass sich zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte Libanons Kandidaten für politische Ämter explizit für die Rechte von Schwulen, Lesben und Transgender ausgesprochen haben. Dies ist ein einmaliges Bekenntnis zum Schutz der Rechte der LGBT-Community in der arabischen Welt. Beinahe 100 von den rund 600 Kandidaten haben sich nämlich bereits im Vorfeld dafür ausgesprochen, dass Homosexualität entkriminalisiert werden soll.
Die Arab Foundation for Freedoms and Equality (AFE) zeigte sich äusserst erfreut über diese Entwicklung: In einem Interview mit CNN erklärte Georges Azzi, dass dies das erste Mal gewesen sei, dass sich Politiker offen für die Abschaffung des Artikels 534 aussprechen konnten. Es ist auch das erste Mal, dass LGBT Rights in der arabischen Welt auf einer solch hohen, politischen Ebene diskutiert werden, so Azzi weiter. Dies habe nicht zuletzt auch dazugeführt, dass nun die LGBT-Community selbst am politischen Diskurs teilnahm und alle aufforderte, die Supporter der Rechte für Schwule, Lesben und Transgender wählen zu gehen.
Diese neue Offenheit spiegelte sich auch in der Wahl selber ab: Der Libanon sah sich mit einer enormen Welle an neuen Kandidaten konfrontiert, welche ausserhalb des bisherigen Parteiensystems angetreten sind. Vor allem aus der Zivilgesellschaft stammend, stellen sie das Land vor neue Herausforderungen, da der Libonon aufgrund seiner geografischen Lage, aber auch aufgrund der verschiedenen Religionen ein besonderes Wahlsystem hat. So sind die vier höchsten Ämter im Staat zwingend an jeweils eine Religion gebunden: So muss das Staatsoberhaupt zwingend maronitischer Christ sein, der Parlamentspräsident ein schiitischer Muslim, der Regierungschef ein sunnitischer Muslim und der oberste Befehlshaber der Armee ein Christ. Von den 128 Sitzen im Parlament gehen jeweils die Hälfte an Christen und die andere Hälfte an Muslime. Mit den vielen, neuen Kandidaten wird dieses System nun enorm gefordert.