RUSSLAND: Aus der Werbung bekannte, queere Familie flüchtet aus dem Land

RUSSLAND: Aus der Werbung bekannte, queere Familie flüchtet aus dem Land
Sie waren Teil einer LGBTI+ inklusiven Werbekampagne einer Supermarktkette in Russland, doch der blanke Hass bis hin zu Todesdrohungen, der dieser Regenbogenfamilie entgegenschlug, veranlasste sie nun dazu, das Land zu verlassen.

Harmloser könnte die Werbung der russischen Supermarktkette Vkusvill (ВкусВилл) kaum gewesen sein, welche sie auf ihrer Webseite veröffentlicht haben. Es sind vier Frauen zu sehen, welche an einem Küchentisch sitzen und sagen, dass sie die japanischen Reisbällchen mit Pilzen und den Humus gern haben. Im Artikel dazu erklären sie zudem, dass Familie nicht nur Blutsverwandtschaft oder ein Stempel im Pass sei. Zur Familie würden Menschen gehören, die man Liebe, jene, welche einen immer unterstützen und einem beistehen. Zur Sicherheit haben die Macher sogar noch eine +18-Warnung gezeigt, um gemäss dem russischen Anti-Gay-Propagandagesetz dafür zu sorgen, dass der Inhalt nichts für die Augen von Minderjährigen ist.

Die Empörung der Konservativen und Rechtsradikalen war aber derart gross, dass die Werbung später wieder zurückgezogen wurde - diesmal zum Ärger der LGBTI+ und Menschenrechtsaktivist:innen. Yuma, die Mutter der queeren Familie, erklärte, sie hätten mit dem Hass, der ihnen entgegenschlug, umgehen können, doch sie seien schockiert gewesen, welche Kommentare gegen ihre erst 8-jährige Enkeltochter gerichtet war. Es sei bis hin zu massivster Gewalt- und Todesdrohungen gegangen, und das für ein Kind, welches einfach nur da sitzt und in die Kamera lächelt, so Yuma.

Doch auch gegen Yuma selber wurde die Gewalt immer schlimmer: Ein Überfall von maskierten Tätern steckt ihr noch immer in den Knochen. Sie sei mit Chemikalien beworfen worden, und man habe sie mit brutaler Gewalt und gar dem Tod gedroht. Sie wolle nicht, dass dies noch einmal passiere, und sie wolle ihre Familie schützen, so Yuma. Sie wolle so nicht mehr leben, und sie habe genug davon.

Shainyan, eine bekannte Bloggerin, welche via Youtube jeweils LGBTI+ Themen aufgreift und darüber aufklärt, hat die Familie eng begleitet und auch interviewt. Sie postete nun ein Video, welches zeigt, wie Mutter Yuma und ihre Tochter, beide mit ihren Lebenspartnerinnen, in ein Flugzeug steigen und Russland verlassen. Das Interview mit Shainyan wurde erst dann veröffentlicht, als sie das Land bereits verlassen haben.

Die Familie reiste nach Barcelona in Spanien, wo sie sich nun ein neues Leben aufbauen wollen. Hier müsse man nicht verstecken, dass man als Familie glücklich sei, so Yuma. Sie hätten sich noch nicht entschieden, ob und wie lange sie in Spanien bleiben werden, doch nach Russland werden sie in nächster Zeit bestimmt nicht zurückkehren.

Die Supermarktkette hat sich bislang noch nicht dazu geäussert, dass die queere Familie Russland verlassen musste. Als sie damals die Werbung zurückzogen erklärten sie, dass der Artikel die Gefühle einer grossen Anzahl an Kund:innen und Mitarbeitenden verletzt habe, und dass man bedaure, dass dies passiert sei. Die Veröffentlichung sei ein Fehler gewesen und man betrachte es als ein Statement eines einzigen, unprofessionellen Angestellten.