SCHWEIZ: "Dieses alljährliche Aufkochen der Werdinsel-Debatte ist ermüdend"

SCHWEIZ: "Dieses alljährliche Aufkochen der Werdinsel-Debatte ist ermüdend"
Alle Jahre wieder... Kaum erreichen die Temperaturen sommerliche Werte, dann kommt auch die Werdinsel wieder in die Schlagzeilen gewisser Medien. Während Tagen wird heiss über die ewig gleichen Themen diskutiert. Leider ist auch das mediale Sommerloch 2025 keine Ausnahme...

Seit Jahrzehnten ist jener Teil der Werdinsel stadtauswärts bekannt als FKK-Zone und als wichtiger Treffpunkt für die Queer Community. Doch praktisch jedes Jahr, wenn die Temperaturen wieder wärmer werden, wird genau dieser Bereich auf der Flussinsel mitten in der Limmat wieder von gewissen Medien zum Thema hitziger Debatten hochstilisiert. Während Tagen werden mit grossen Schlagzeilen über Petitionen und Verbote diskutiert, tun Politiker:innen ihre Meinungen kund und werden Passant:innen befragt.

Dieses alljährliche Aufkochen sei ermüdend, erklärt auch Marc Eggenberger vom Vorstand der HAZ Queer Zürich gegenüber gay.ch, weil es selten um echte Lösungen gehe, sondern meist um Moraldebatten. Nacktheit und queere Existenzen würden dabei oft vermischt und problematisiert. Statt differenziert über Bedürfnisse, Schutzräume oder respektvolles Miteinander zu sprechen, werde mit Pauschalisierungen gearbeitet, so Marc weiter. Dabei zeige die Erfahrung: Die bestehenden Regeln, Hinweise und das gute Miteinander würden seit Jahrzehnten funktionieren.

Dass gewisse Politiker:innen, wie auch anonyme Initianten einer Petition, angeblich von Anwohner:innen, gleich ein Verbot der FKK-Zone fordern, findet Marc aus präventiver Sicht kontraproduktiv. Verbote würden keine Lösungen schaffen, sie verdrängen nur. Belästigung müsse man ernst nehmen, unterstreicht auch Marc, aber sie haben nichts mit Nacktheit oder sexueller Orientierung zu tun. Wer die Nacktzone schliessen wolle, treffe nicht das Problem, sondern zerstöre einen Raum, der für viele wichtig ist.

Schon heute gibt es Hinweisschilder, welche auf den Nacktbereich auf der Werdinsel aufmerksam machen. Diese wurden von der Stadt in Zusammmenarbeit mit HAZ Queer Zürich und dem Checkpoint Zürich angebracht. Denn eines ist klar: Die Werdinsel bleibe für viele queere Menschen, besonders für schwule und bisexuelle Männer, ein wichtiger Rückzugsort, fern vom Nachtleben, und an dem jede Person einfach sein dürfe, erklärt Marc. Die Insel habe eine lange Geschichte als Begegnungsort. Und diese Räume seien nach wie vor notwendig, besonders in einer Zeit, in der queere Rechte immer wieder unter Druck geraten.

Abgesehen davon hält Marc von HAZ Queer Zürich fest, dass die heutige Lösung mit der Signalisation gut funktioniere, gerade weil sie Raum lasse und trotzdem Orientierung gebe. Eine klarere Ausweisung wäre möglich. Viel wichtiger sei aber, dass Stadt, Community und Anwohnende im Dialog bleiben, so wie das in den letzten Jahren bereits erfolgreich geschehen sei, so Marc weiter.

Die Werdinsel ist im Nutzungkonzept der Stadt Zürich offiziell in drei Bereiche eingeteilt. Einen Textilbereich, einen Bereich in dem Nacktsein erlaubt ist und in einen eigentlichen FKK-Bereich am sogenannten Inselspitz. Dabei wird in diesem Konzept auch darauf hingewiesen, dass sexuelle Handlungen unerwünscht seien. Im öffentlichen Raum seien sexuelle Handlungen zwar nicht grundsätzlich verboten, doch sie können als Antragsdelikt als sexuelle Belästigung zur Anzeige gebracht werden, wenn sich jemand dadurch gestört fühle. Die Stadt Zürich betont dabei auch, dass man auf die Eigenverantwortung der Besucher:innen setze, um die weitgehend konfliktarme Situation von heute auch bei grösserer Beliebtheit der Insel beizubehalten wolle.