SCHWEIZ: Dominic und Thomas wurden zum zweiten Mal Väter

SCHWEIZ: Dominic und Thomas wurden zum zweiten Mal Väter
Dominic und Thomas Baumgartner haben sich ihren Wunsch erfüllt und sie sind nun seit ein paar Monaten überglückliche Väter eines zweiten Kindes. Im Interview mit gay.ch erzählen die Beiden von der Geburt von Lina, von ihrem neuen Alltag zu Viert und davon, ob sich für sie seit der Einführung der Ehe für alle etwas geändert hat...

Es war im Jahr 2020 als Dominic und Thomas Baumgartner sich erstmals ihren Kinderwunsch erfüllten. Nun blicken die Beiden auf einen ereignisreichen Sommer zurück: Vor wenigen Monaten reisten sie erneut nach Minnesota in den USA, wo sie zum zweiten Mal Väter einer Tochter wurden, und kurz nach der Einführung der Ehe für alle haben sie zudem geheiratet. Im gay.ch-Interview erzählen uns die Beiden, wie es für sie war, erneut bei der Geburt mit dabei gewesen zu sein, wie ihr Familienalltag nun zu Viert ausschaut und ob sich für sie rechtlich etwas vereinfacht hat, seit sie verheiratet sind.

Herzliche Gratulation zu eurer zweiten Tochter Lina, und auch zu eurer Hochzeit: Bei euch war ja in diesem Sommer richtig viel los...
Danke, ja wir durften viele tolle Erlebnisse gemeinsam geniessen. Endlich sind wir Ehemann und Ehemann und unsere Familie ist mit Naomi und Lina komplett.

War für euch schon von Anfang an klar, dass ihr ein zweites Kind möchtet?
Ja, wir hatten zum Glück beide den Wunsch nach zwei Kindern.

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Wie sieht euer Alltag nun mit zwei Kindern aus? Könnt ihr Beide Teilzeit arbeiten?
Im Moment arbeitet Thomas 100% und ich habe unbezahlten Urlaub genommen, was am Rande bemerkt wenig mit Urlaub zu tun hat. Ab Januar werde ich wieder Teilzeit arbeiten, Thomas wird einen Tag reduzieren und die Mädels dürfen einen Tag in die Kita. Wir haben uns sehr bewusst für unsere Kinder entschieden, darum möchten wir auch oft teilhaben an ihren Leben und sind dankbar, dass uns das möglich ist.

Ihr konntet bei der Geburt von Lina auch wieder mit dabei sein: Wie habt ihr die Geburts diesmal erlebt?
Da es die zweite Geburt war, die wir miterleben durften, war es für uns schon etwas entspannter, dachten wir. Natürlich kam es anders als gedacht, wegen Komplikationen gab es beinahe einen Notkaiserschnitt. Nach zwei Minuten Panik, die einem übrigens viel viel länger vorkommen, kam Lina jedoch natürlich zur Welt. Es war also eine Achterbahnfahrt der Emotionen!

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Zwischen der Geburt von Naomi und Lina liegen etwas mehr als anderthalb Jahre: Hat sich der Prozess der Adoption in dieser Zeit  bereits vereinfacht, Stichwort Ehe für alle?
Bei Frauenpaaren, die mit Hilfe einer Schweizer Samenbank ein Kind bekommen, sind ab Geburt beide Frauen die Mütter. Für Männerpaare hat sich leider noch nichts geändert. Dieses Mal ist es eher noch komplizierter geworden. Mein Arbeitgeber hat mir z.B. nur beim leiblichen Kind einen Vaterschaftsurlaub gegeben. Für das Anerkennungsverfahren des leiblichen Vaters mussten wir die Gerichtsurkunden aus den USA übersetzen lassen, im Kanton Bern versteht man anscheinend kein Englisch. Auch wussten sie dort nicht, welche Dokumente sie brauchen, haben aber nach Einreichung noch weitere Dokumente angefordert. Sie konnten uns nicht mitteilen, worauf sie ihre Forderungen rechtlich abstützen, anscheinend gibt es interne Weisungen, die sie nicht offenlegen dürfen. Herzlich Willkommen im Kantönligeist. Wir sind gespannt wie die Stiefkindadoption in einem Jahr verlaufen wird. Es gibt also noch Verbesserungspotenzial bei der Gleichstellung aller Familien.

Auch bei Lina habt ihr euch die gleiche Leihmutter gewünscht. Weshalb? Und, wie pflegt ihr den Kontakt, trotz der Distanz zwischen Amerika und Europa?
Für uns ist Gwen - Naomi und Linas Bauch-Mami - und ihre Familie wie ein Teil unserer Familie. Wir haben vieles mit ihnen unternommen, und tolle Momente mit ihnen verbracht. Darum sind wir extrem dankbar hat uns Gwen nochmals geholfen Papis zu werden. Für unsere Töchter ist es sicher auch schön das gleiche Bauch-Mami und das gleiche Ei-Mami zu haben. Den Kontakt pflegen wir hauptsächlich über eine Whatsapp Gruppe mit ihr und ihrem Mann. Unabhängig voneinander haben wir uns alle gewünscht uns jedes zweite Jahr irgendwo auf dieser Welt zu treffen. Sie wollen uns sicher auch in der Schweiz besuchen zuerst steht aber Hawaii auf unserer Bucket List.

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Welche Reaktionen habt ihr in Bezug auf das Thema Leihmutterschaft bei einem schwulen Paar erhalten?
Bisher haben wir vor allem positive Reaktionen erhalten. Leihmutterschaft ist ein sehr komplexes Thema auf unterschiedlichen Ebenen. Wir haben uns zu Beginn darum viele ethische, medizinische, rechtliche und finanzielle Fragen gestellt. Was sind z.B. die Beweggründe einer Frau Leihmutter zu werden? Wie wird die Situation für unsere Kinder sein? Für uns ist es klar, dass Leute, die zum ersten Mal von Leihmutterschaft hören, dies nicht gerade einordnen können und darum viele Fragen haben, wie auch wir sie hatten. Darum sind wir gerne bereit diese zu beantworten. Offenheit und Sichtbarkeit sind für uns wichtig für die Akzeptanz aller Regenbogenfamilien.

Danke für das Interview und für eure Offenheit!

Bilder: www.pepix.ch / @luis.pepix