UK: Fast 700 Grindr-Nutzer verklagen die Dating App
Es ist nicht das erste Mal, dass Grindr für die Weitergabe von hochsensiblen, persönlichen Daten an Drittunternehmen am Pranger steht. Bereits im Jahr 2018 gaben die Betreiber der Dating App zu, dass sie Userdaten mit Apptimize und Localytics teilten, um mit deren Hilfe die Funktion der App zu verbessern. Diese beiden Unternehmen seien auch von Grindr dafür bezahlt worden. Zu den Daten gehörten unter anderem auch die sexuelle Orientierung, die ethnische Zugehörigkeit und sogar der HIV-Status. Aufgrund der öffentlichen Kritik teilte Grindr später mit, dass zumindest der HIV-Status nicht mehr an andere Unternehmen weitergegeben wird.
In Grossbritannien wurden nun aber erneut entsprechende Vorwürfe gegen Grindr laut. Die Anwaltskanzlei Austin Hayes sieht zudem genügend Beweise dafür und hat für insgesamt 670 Nutzer der App eine Sammelklage beim Obergericht in London eingereicht. Sie klagen, dass das Unternehmen in den Jahren 2018 bis 2020 weiterhin Daten an Apptimize und Localytics weitergegeben hat, und dass möglicherweise Tausende von Nutzer davon betroffen sein könnten.
Grindr erklärte in einer ersten Stellungnahme, dass man energisch auf diese falschen Darstellungen von Vorgängen reagieren werde, welche vor mehr als vier Jahren stattgefunden haben sollen. Die Anwaltskanzlei stellt sich wiederum auf den Standpunkt, dass das Unternehmen jene Nutzenden entschädigen müsse, deren Daten kompromittiert wurden. Es müsse zudem gewährleistet werden, dass die User sicher sein können, dass ihre Daten nicht an Dritte weitergeben werden. Dies sei Grindr der LGBTI+ Community, der die App diene, schuldig. Die Kanzlei fordert dazu 100‘000 Pfund vom Unternehmen, rund 113‘000 Schweizer Franken.
Im Jahr 2018 wurde Grindr vom norwegischen Verbraucherrats mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert und zu einer Busse von 100 Millionen Norwegische Kronen, rund 8.27 Millionen Schweizer Franken, verurteilt. So soll das Unternehmen gegen die allgemeine Datenschutzverordnung der Europäischen Union verstossen haben, indem die Daten einschliesslich Standort- und Gerätedaten von Nutzern an mindestens 135 Werbeagenturen weitergegeben wurden. Diese Angaben hätten genutzt werden können um User ohne deren Einverständnis zu outen. Die Busse wurde später auf 6.6 Millionen Franken reduziert, eine spätere Berufung durch Grindr wurde im September 2023 abgewiesen.
2021 wurde eine Untersuchung eingeleitet, nachdem es einer rechtskonservativen, katholischen Webseite gelungen ist, anhand von Grindr-Daten einen katholischen Priester zu outen. Auch die britische Datenaufsichtsbehörde prangerte die Betreiber der Dating App ein Jahr später an, intransparent gegenüber den Nutzern zu sein, wie ihre personenbezogenen Daten genutzt werden. Während rund drei Jahren sollen zudem genaue, standortbezogenen Daten von Grindr zum Verkauf gestanden sein, schrieb auch das Wallstreet Journal.
Grindr wehrte sich stets gegen die Vorwürfe und zweifelte auch an, dass Daten von Nutzenden entanonymisiert werden können.