BRASILIEN: Gouverneur hat sein Coming out - und fordert Bolsonaro heraus
Die vergangenen Wochen waren für Eduardo Leite alles andere als einfach: Seit er von den brasilianischen Sozialdemokraten, einer Mitte-Rechts-Partei, zu einem möglichen Präsidentschaftskandidaten ernannt wurde, begannen auch die Gerüchte um seine Person und um sein Privatleben zuzunehmen. Dies habe auch seine Beziehung zu seinem Partner stark beeinflusst.
Zur Pride Week hat sich Eduardo Leite nun aber zur Flucht nach vorn entschieden und er hatte sein Coming out bei einem der wichtigsten Fernsehsendern des Landes, TV Globo. In diesem Brasilien in Zeiten von wenig Integrität, so Leite, müssen wir darüber befinden, wer wir sind, damit alles klar ist und dass wir nichts zu verstecken haben. Er sei schwul - er sei ein Gouverneur, der schwul ist, vielmehr als er ein schwuler Gouverneur sei. Und er sei stolz darauf, fährt der 36-Jährige weiter fort.
Da er nun Teil der nationalen Politik und der nationalen Debatten sei, habe es immer mehr Angriffe von seinen Rivalen gegeben. Er gehe mit seinem Partner essen, er verstecke sich vor niemandem. Doch es habe immer irgendein Aufsehen um seine Person gegeben, irgendeine Anspielung, ein Witz des Präsidenten oder auch Attacken von anderen Politikern. Dies sei nicht richtig, erklärte Leite weiter, dies sei nicht korrekt, und dies sei nicht zu tolerieren.
Er hoffe, dass seine sexuelle Orientierung in Brasilien gar kein Thema sein werde. Er habe sich nie verstellt, er habe nie gesagt, dass er es nicht sei, er habe nie versucht, dass die Leute glauben, dass er nicht schwul sei. Stolz auf ihren Sohn sind auch seine Eltern, wie sie in einem Interview mit Jornal do Almoco erklären. Brasilien brauche das, erklärt der Vater, dass Leute sagen was sie fühlen. Sie hätten es schon lange gewusst, hätten aber gewartet, bis er es ihnen sage.
Aus der Community erhielt der Politiker viel Zuspruch für seine Coming out. So gratulieren ihm unzählige in den Sozialen Medien dazu, dass er Geschichte geschrieben habe. Doch nicht nur, es gibt auch Kritiker. So etwa Jean Wyllys, der erste offen schwule Poltiker in Brasiliens Kongress. Er erinnert daran, dass Eduardo Leite nie öffentlich bereut habe, dass er Jair Bolsonaro noch bis 2018 unterstützt hat. Wyllys geht sogar soweit um Leite zu unterstellen, dass dieser Schritt, das Coming out, auch ein strategischer Schachzug gewesen sei, um seine Kandidatur für das Amt des Präsidenten zu stärken.
Noch ist Eduardo Leite Gouverneur des Bundesstaats Rio Grande do Sul, doch seine Ambitionen sind klar: Er legt seinen Fokus nun auf die Wahlen im kommenden Jahr, und er hofft, dass er dann gegen eben diesen selbsternannten stolzen, homophoben Präsident Jair Bolsonaro antreten kann.