BRASILIEN: LGBTI+ Aktivisten machen Bolsonaro für brutale Attacke verantwortlich
Alleine im vergangenen Jahr gab es in Brasilien, trotz Corona, 224 Morde an queeren Menschen, ein trauriger, weltweiter Rekord. Dies gab die Organisation Grupo Gay da Bahia bekannt, welche die Entwicklung der LGBTI+ feindlichen Vorfälle statistisch erfasst. Auch Gewalttaten, Beschimpfungen oder Diskrimierungen gehören für viele beinahe zum Alltag. So erfasste das Büro des nationalen Beauftragen für Menschenrechte alleine in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres 1134 Beschwerden wegen LGBTI+ feindlicher Gewalt, Diskriminierung oder einer anderen Form von Beleidigungen. Dies dürfte aber nur die Spitze des Eisbergs sein.
Dass dabei nicht selten blanker Hass und rohe Gewalt mit im Spiel sind, zeigte auch die jüngsten Angriffe. Erst im Mai wurde der bekannte LGBTI+ Aktivist Lindolfo Kosmaski ermordet. Der Fall sorgte aufgrund der unglaublichen Brutalität international für Schlagzeilen. Brasilien selber zeigt sich nach solchen Fällen jeweils aber gespalten: Die einen zeigen sich schockiert, und andere geben die Schuld quasi dem Opfer selber, aufgrund der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität.
Auch über den jüngsten Angriff auf einen 22-jährigen schwulen Mann in Florianópolis, welcher von einer Gruppe von drei bewaffneten Männern angegriffen, vergewaltigt und gefoltert wurde, wurde in den Medien breit berichtet. Dabei gingen die Täter mit äusserster Brutalität vor, beschimpften ihr Opfer und zwangen ihn, dass er sich mit einem scharfen Gegenstand Schimpfwörter in seine Beine ritzt. Sie haben ihn danach schwerverletzt auf der Strasse liegen gelassen, wo er von Passanten gefunden und direkt ins Krankenhaus gebracht wurde. In der Zwischenzeit konnte er dieses wieder verlassen. Die Polizei hat Ermittlungen aufgenommen um die Täter zu finden.
Von der Vereinigung zur Verteidigung der Menschenrechte heisst es, dass dies ein erschreckendes Verbrechen gewesen sei, doch dies passiere in Brasilien leider häufig, und die Gewalt, nicht nur gegen Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transmenschen, sondern auch gegen Frauen, Schwarze und gegen Immigranten, nehme weiter zu. Man habe einen Präsidenten, welcher diese Gewalt noch verschlimmere. Es scheine so, dass sich die Bevölkerung im Recht sehe, diese Verbrechen gegen LGBTI+ zu begehen - beeinflusst durch Bolsonaro. Die Vereinigung unterstützt auch das Opfer des jüngsten Angriffs und dessen Familie.
Der brasilianische Staatspräsident hat die Coronakrise auch dazu genutzt, um mit LGBTI+ feindlichen Äusserungen von der Pandemie abzulenken. So erklärte er, kurz bevor er selber an Corona erkrankte, dass das Tragen von Masken nur etwas für Sissies sei. Brasilien solle zudem aufhören, sich während der Pandemie wie ein Land voller Schwuchteln zu verhalten.
Schon während seinem Wahlkampf versuchte er mit LGBTI+ feindlicher Rhetorik seine konservative Wählerbasis an die Urne zu bringen. So erklärte er, dass er ein stolzer Homophober sei, und er hätte lieber einen toten als einen schwulen Sohn. Seiner Wähler:innen schien dies nicht zu stören, und so machten sie ihn 2018 zu ihrem Präsidenten. Während seiner Amtszeit konnte ein Gericht Bolsonaro etwas zurückbinden, indem ein Urteil gefällt wurde, welches LGBTI+ Feindlichkeiten neu wie Rassismus unter Strafe stellt.
Brauchst Du Hilfe und möchtest Du mit jemandem sprechen? Die Schweizer LGBT+ Helpline steht Dir unter der Telefonnummer 0800 133 133 kostenlos zur Verfügung. Mehr Infos: lgbt-helpline.ch oder via hello@lgbt-helpline.ch.