JAPAN: Bringt eine Überarbeitung der Verfassung die Ehe für alle?

JAPAN: Bringt eine Überarbeitung der Verfassung die Ehe für alle?
Ein Abgeordneter im japanischen Parlament fordert eine Überarbeitung der bestehenden Verfassung, und zwar ohne Tabus. Auch die Ehe für alle soll offen diskutiert werden. Damit stösst er seiner eigenen Partei vor den Kopf, aber auch der Opposition...

Mit seiner Aussage machte sich Hakubun Shimomura, der ehemalige Bildungsminister und Parteikollege des konservativen Premierminister Shinzo Abe, nicht eben viele Freunde. Indem er erklärte, dass die Verfassung überarbeitet werden müsse und auch die Ehe für alle zur Debatte stehen solle, stiess er seinen Parteikolleg*innen vor den Kopf, welche die Ehe gar nicht erst öffnen möchten. Und auch die Opposition war nicht eben begeistert, da sie ein eigenes Gesetz möchten, welches alle Fragen diesbezüglich gleich von vornherein klärt.

Es sei wichtig, dass man mit der Debatte vorwärts mache, und zwar ohne Tabus, so Hakubun Shimomura, auch soll darüber diskutiert werden, ob ein Mann nicht auch ein Mann, und eine Frau nicht auch eine Frau heiraten können sollte. Seine Partei, die LDP, stellt sich auf den Standpunkt, dass Marriage Equality nicht mit der Verfassung Japans zu vereinbaren sei. Keiji Furuya, ein früherer Minister der Partei, kritisiert zudem Shimomura, dass man nicht so einfach einen solchen Kommentar machen könne, dass man die Verfassung überarbeiten sollte um die Ehe für alle zu öffnen.

Die Opposition wiederum sieht es anders und hat im Juni einen eigenen Gesetzesentwurf im Parlament vorgestellt: Kanako Otsuji, LGBTI+ Aktivistin und Mitglieder der Konstitutionell-Demokratischen Partei CDPJ, erklärt dazu, dass die Verfassung gar nicht angepasst werden müsse, da die gleichgeschlechtliche Ehe gar nicht explizit verboten ist. Ihren Gesetzesvorstoss wurde aber von der Regierungskoalition abgelehnt und somit nicht debattiert. Die Aussagen von Shimomura seien wohl dazu da gewesen, um die Opposition aufzurütteln, denn wenn sie würklich für die Ehe für alle wären, hätten sie ihren Gesetzesentwurf annehmen müssen.

Ob die aktuelle Verfassung, sie stammt direkt aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, die Ehe für alle tatsächlich zulässt, müssten wohl die Gerichte entscheiden, denn bislang wurden Anträge von gleichgeschlechtlichen Paare in den Standesämtern immer abgelehnt. Gon Matsunaka vom Pride House Konsortium erklärt dazu, dass in der Verfassung nicht an die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare gedacht wurde, als sie geschrieben worden sei, und sie sei daher auch nicht explizit verboten. Die Gesellschaft und die Welt habe sich verändert und die Gesetzgeber haben die Veranwortung, Gesetze zu erlassen, welche dem gerecht werden.

Zum Valentinstag haben verschiedenste Paare in Japan entsprechende Klagen bei Gericht eingereicht, so dass die Ehe für alle im Zusammenhang mit der Verfassung nun tatsächlich rechtlich beurteilt wird. Einer Umfrage aus dem letzten Jahr zufolge, würden rund 80 Prozent der Japaner im Alter zwischen 20 und 50 Jahren die Ehe für alle begrüssen.