RUSSLAND: Erneutes Urteil gegen Russland wegen Pride-Verbot

RUSSLAND: Erneutes Urteil gegen Russland wegen Pride-Verbot
Weil Russland sämtliche Versuche eine Pride durchzuführen radikal verhindert, wurde das Land erneut vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt. Statt das Urteil jedoch zu akzeptieren, hat die Duma jedoch bereits vor rund zwei Jahren beschlossen, dass die Urteile des Menschenrechtsgerichtshof auch ignoriert werden dürfen.

Es sei ein Verstoss gegen die Europäischen Menschenrechtskonvention, urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einstimmig, wenn Russland immer wieder Demonstrationen in der Form von Pride-Veranstaltungen verbiete. Den fünf LGBT-Aktivisten, welche Klage einreichten, sprach das Gericht dabei einen Schadenersatz von insgesamt 37'300 Schweizer Franken zu. Für die entstanden Kosten muss Russland einem Aktivisten zusätzlich auch noch 8'000 Schweizer Franken bezahlen. Dies ist der vorläufige Endstand einer seit vielen Jahren andauernden Prozessschlacht, den es ging um die Verbote der Prides in St. Petersburg in den Jahren 2010 und 2011, sowie um ein Demonstrationsverbot für LGBT-Aktivisten in Moskau aus dem Jahr 2009.

Russlands Behörden unternehmen jeweils alles um die Pride mit teils fadenscheinigen Argumenten zu verbieten. So erteilte man beispielsweise keine Genehmigung, weil die Platzverhältnisse für eine Demonstration nicht geeignet seien, doch dann fand zur genau gleichen Zeit wie die geplante Pride eine Demo für traditionelle Familien und deren Werte statt, welche von der Jugendgruppierung innerhalb Putins Partei „Einiges Russland“ organisiert wurde. Ein anderes Mal wurde das Gesuch abgelehnt, weil angeblich ein Schulfest in der Nähe stattfinden würde. Wurde die Pride-Veranstaltungen jeweils trotz des Verbots durchgeführt, wurden die Demonstranten jeweils binnen weniger Minuten verhaftet und abgeführt. Meist waren zudem Gegendemonstranten vor Ort, welche mit Gewalt auf die Pride-Teilnehmer losgingen – oft wurde dies gar von der Polizei geduldet, bevor die LGBTs dann verhaftet wurden.

Obwohl die Urteile des Europäischen Menschenrechtsgerichtshof auch für Russland bindend wären, das Land hat sich via dem Europarat zur Einhaltung der Menschenrechtskonvention verpflichtet, so ignoriert Russland die Urteile oftmals. Die Richter in Strassburg haben nämlich bereits 2010 geurteilt, dass ein Verbot der Pride in Moskau im Jahr 2006 gegen die Menschenrechtskonvention verstösst, doch geändert hat dieses Urteil bekanntlich nichts. Im Jahr 2015 hat das russische Parlament, die Duma, sogar noch ein Gesetz verabschiedet, nach welchem die Entscheidungen des Gerichtshof für Menschenrechte auch offiziell ignoriert werden dürfen.

Neben dem Urteil zu Gunsten der LGBT-Aktivisten wurden gleichzeitig auch noch weitere Urteile gegen Russland gefällt: So bekamen auch andere Bürgerrechtsaktivisten Recht, welchen es ebenfalls untersagt wurde, Demonstrationen durchzuführen. Insgesamt wurden den 17 weiteren Klägern eine Gesamtsumme von 170‘500 Franken Schadenersatz zugesprochen. Doch es sind nach wie vor einige Klagen gegen Russland in Strassburg hängig, darunter auch eine gegen das so genannte Anti-Gay-Propagandagesetz, welches 2013 eingeführt wurde. Doch würde wohl auch da eine Verurteilung Russlands kaum etwas bewirken…