SCHWEIZ: Durchschnittlich 4 Meldungen pro Tag bei „Zürich schaut hin“

SCHWEIZ: Durchschnittlich 4 Meldungen pro Tag bei „Zürich schaut hin“
Nach rund acht Monaten zieht die Stadt Zürich eine erste Bilanz für das Meldetool „Zürich schaut hin“, über welches niederschwellig sexuelle, sowie LGBTI+ feindliche Belästigungen gemeldet werden können. In dieser Zeit wurden insgesamt 890 Fälle registriert, welche nun ausgewertet wurden.

Da gerade sexuelle und LGBTI+ feindliche Übergriffe nur selten gemeldet werden, hat die Stadt Zürich im Auftrag von Stadtpräsidentin Corine Mauch und Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart das Projekt „Zürich schaut hin“ lanciert. Darin enthalten ist auch ein Meldetool, über welches Opfer einfach, anonym und niederschwellig Taten melden können um damit Belästigungen im öffentlichen Raum sichtbar zu machen und zu erfassen. Nach acht Monaten haben die Verantwortlichen nun eine erste Bilanz gezogen und die gemeldeten Vorfälle ausgewertet.

So wurden in den ersten acht Monaten insgesamt 890 Taten über das Meldetool eingetragen. Dies entspricht im Durchschnitt etwa 4 Meldungen pro Tag. 47 Prozent der Opfer haben dabei als Geschlecht weiblich angegeben, 20 Prozent männlich und 4 Prozent Non-binär respektive anders. Mit 29 Prozent hat zudem ein grosser Teil keine Angaben dazu gemacht. Dabei wurde zwischen Einfachbelästigung und Mehrfachbelästigung unterschieden, was bedeutet, dass die belästigte Person verschiedene Arten von Belästigungen oder Übergriffe bei einem Vorfall meldete. Dabei zeigt sich, dass es sich bei 67 Prozent um Einfach- und bei 33 Prozent um Mehrfachbelästigungen handelte. 

Bei den Motiven wurde das Geschlecht am häufigsten genannt, gefolgt von der sexuellen Orientierung an der bereits zweiten Stelle. Dies gilt sowohl für Einfach- wie auch für Mehrfachbelästigungen. Bei letzterem, also wenn mehrere Motive angegeben wurden, folgt zudem die Geschlechtsidentität mit 12% ebenfalls weit vorne. Bei Einfachbelästigungen liegt die Geschlechtsidentität als Motiv jedoch mit 2 Prozent deutlich tiefer.

Auffällig ist, dass die mit Abstand am meisten gemeldeten Taten im Meldetool an Werktagen und tagsüber passierten. Dabei unterscheiden sich die Erfahrungen jedoch mit den Ergebnissen der Befragungsstudie Sotomo, in welcher die Befragten am häufigsten spätabends als Tatzeitpunkt nannten, wenn es um Belästigungsvorfälle ging.

Die Resultate aus dem Meldetool bezüglich dem Zeitpunkt, zeigen dann auch bei den Tatorten, dass Bars und Clubs, sowie Veranstaltungen und Feste nur einen kleinen Anteil ausmachen. Die mit grossem Abstand häufigsten Orte, an welchen es zu Belästigungen kam, welche bei "Zürich schaut hin" gemeldet wurden, waren auf der Strasse respektive im Öffentlichen Verkehr oder am Bahnhof. Bei der Sotomo-Studie hingegen wurden die Orte des Nachtlebens und Feste/ Festivals am häufigsten als Tatorte genannt. Dieser Unterschied kann mit der Pandemie teilweise erklärt werden, da die Sotomo-Studie vor Corona durchgeführt wurde, während das Meldetool erst im Frühling 2021 lanciert wurde.

In Bezug auf die Art der Belästigung liegt jene mit Worten an erster Stelle, sowohl bei den Einfach- wie auch bei den Mehrfachbelästigungen. Bei den Einfachbelästigungen folgt danach die ungewollte Berührung und das Anstarren. Bei rund sieben Prozent handelt es sich zudem um physische Angriffe, welche somit auch strafrechtlich relevant sind. Ob diese Taten auch tatsächlich der Polizei gemeldet wurden, kann nicht ermittelt werden. Da im Meldetool auch ein Feld mit Freitext besteht, wurde ersichtlich, dass auch bei verbalen Belästigungen schwerwiegende Taten gemeldet wurden, welche strafrechtlich relevant sind.

Obwohl Meldungen bei "Zürich schaut hin" niederschwellig eingegeben werden können, fällt auf, dass 45 Prozent, welche die Startseite aufrufen, die erste Frage ob sie eine Belästigung selber erlebt, oder ob sie eine Belästigung beobachtet haben, nicht beantworten. Auch während dem Prozess springen Nutzer:innen ab. Schlussendlich sind es 19 Prozent, welche tatsächlich eine Meldung abschicken. Dabei zeigt sich, dass 76 Prozent selber Opfer wurden, und die restlichen 24 Prozent haben eine Tat beobachtet.

Wie es im Bericht weiter heisst, kann es auch Falschmeldungen geben: So müsse einerseits die Anonymität im Meldetool gewährleistet sein, zudem müsse eine Meldung einfach, unkompliziert und ohne grosse technische oder sprachliche Kenntnisse abgesetzt werden können. Damit sei auch das Risiko für Falschmeldungen vorhanden.

Die detaillierten Angaben findest Du im Bericht "Zürich schaut hin: Auswertung Meldetool".

Einen Vorfall melden: Zürich schaut hin

Brauchst Du Hilfe und möchtest Du mit jemandem sprechen? Die Schweizer LGBT+ Helpline steht Dir unter der Nummer 0800 133 133 kostenlos zur Verfügung. Mehr Infos: lgbt-helpline.ch