SCHWEIZ: PinkCops müssen Kommentarfunktionen wegen Hate Speech deaktivieren

SCHWEIZ: PinkCops müssen Kommentarfunktionen wegen Hate Speech deaktivieren
Die Social-Media-Plattformen von PinkCop wurden mit hasserfüllten Kommentaren geflutet. Der schweizweit tätige Verein für Queers bei der Polizei musste nun reagieren und zumindest kurzfristig die Kommentarfunktionen deaktivieren. Im Interview mit gay.ch erklärt PinkCop diesen Schritt, gibt auch Auskunft darüber, weshalb dies bloss eine vorübergehende Massnahme ist und wie man bei Hasskommentaren am besten reagieren soll.

Der Verein PinkCop ist ein unabhängiger und schweizweit tätiger Verein für Mitglieder der LGBTI+ Community innerhalb der Polizei und bei den Strafverfolgungsbehörden. PinkCop ist zudem auch zusammen mit anderen Vereinen aktiv in der Queer Community um sich für die Anliegen von LGBTI+ einzusetzen. Dazu betreut der Verein auch Social-Media-Kanäle auf den verschiedenen Plattformen. Genau diese sind nun aber ins Visier genommen und mit Hasskommentaren geflutet worden. Ein Problem, welches auch gay.ch nicht unbekannt ist.

Wir haben daher bei Burcin Zeynol, der Präsidentin von PinkCop, nachgefragt, um auch mehr darüber zu erfahren, wie man mit Hate Speech in den Sozialen Medien am besten umgeht.

PinkCop hat die Kommentarfunktionen bei seinen Social-Media-Kanälen ausgeschalten: Weshalb musstet ihr diese Massnahme ergreifen?
Wir mussten uns gezwungenermassen für diesen Schritt entscheiden, um weiteren ehrverletzenden und diskriminierenden Kommentaren vorzubeugen. Es ist das beste kurzfristige Signal, dass wir Hass und Intoleranz keine Plattform bieten. Indem wir die Kommentarfunktionen vorübergehend deaktiviert haben, entziehen wir der Täter:innenschaft die Möglichkeit, ihre Hetze auf unseren Kanälen weiterzuführen. Es ist jedoch nur eine Zwischenlösung. Die langfristige Aufgabe bleibt es, eine Umgebung zu schaffen, in welcher wir sicher sind und für Inklusion, Toleranz und gegenseitigen Respekt eintreten.

Was rät ihr Betroffenen, wie sie mit Hate Speech in den Sozialen Medien umgehen sollen?
In solchen Situationen ist es wichtig, sofort zu handeln und gleichzeitig achtsam zu bleiben. Wenn jemand von Hate Speech betroffen ist, sollten zunächst Beweise gesichert werden, bspw. Screenshots der entsprechenden Kommentare und Profile. Anschliessend rate ich, die entsprechende Plattform selbst über die Vorfälle zu informieren, damit die betreffenden Accounts gesperrt oder gelöscht werden können. Weiter sollte der Vorfall der Polizei und/oder der LGBTIQ-Helpline gemeldet werden. Eine andere Möglichkeit ist die Meldung mittels einer der Meldeplattformen, bspw. stophatespeech.ch, reportonlineracism.ch, gra.ch/vorfall-melden oder network-racism.ch. Bei Fragen bietet die LGBTIQ-Helpline wertvolle Unterstützung, die in belastenden Zeiten sehr hilfreich sein kann. Betroffene sollten sich nicht scheuen, ihr Umfeld um Unterstützung zu bitten - niemand sollte sowas alleine durchstehen müssen.

Ab wann ist ein Straftatbestand gegeben und welche Möglichkeiten gibt es, gegen die Urheber vorzugehen?
Ob ein Straftatbestand erfüllt ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Unabhängig davon sollten wir uns aber auf keinen Fall einschüchtern lassen. Damit überhaupt festgestellt werden kann, ob ein Straftatbestand erfüllt ist oder nicht, muss ein Vorfall erst einmal der Polizei gemeldet werden. Wie bereits erwähnt, kann man zudem einiges tun, was für die weitere Handhabung des Vorfalls und die Prüfung des Straftatbestands sehr hilfreich sein kann, wie bspw. das Erstellen von Screenshots der Kommentare und des Profils und die Meldung der entsprechenden Kommentare sowie des Profils an die jeweilige Plattform.

Wenn wir mit gay.ch bezahlte Kampagnen ausspielen möchten, welche über unsere Follower hinausgehen, dann werden wir meist mit Hate Speech eingedeckt, aus diesem Grund haben wir dies derzeit gestoppt: Habt ihr Tipps, wie man so etwas verhindern kann?
Ihr solltet euch auf keinen Fall entmutigen lassen! Eure Sichtbarkeit ist von unschätzbarem Wert, und genau deshalb greifen die Menschen an - weil sie die Stärke und den Einfluss spüren. Wichtig ist es, dass ihr euch einen Plan zurechtlegt: Nutzt Moderations-Tools, blockiert und meldet gezielt. Hauptsache ihr steht zu eurer Botschaft. Es ist essenziell, dass wir uns nicht von ein paar lauten Stimmen von unserem Weg abbringen lassen. Jede Kampagne, die ihr ausspielt, stärkt die Sichtbarkeit der queeren Community und bringt uns alle weiter.

PinkCop ist ja auch gut mit anderen LGBTI+ Polizeiorganisationen auf der Welt vernetzt: Wisst ihr, wie andere Länder mit der Problematik von Hate Speech in den sozialen Medien umgehen?
Die Herausforderung von Hate Speech betrifft uns weltweit. In vielen Ländern sind die Massnahmen gegen digitale Gewalt ähnlich wie bei uns: Es gibt rechtliche Rahmenbedingungen und Meldesysteme, aber der Kampf gegen Online-Hass ist ein globales Problem, das viel Kraft und immer bessere Zusammenarbeit erfordert. Insbesondere auch, weil die Täter:innenschaften online natürlich eine gewisse Anonymität geniessen.

Danke für dieses Interview!

Brauchst Du Hilfe und möchtest Du mit jemandem sprechen? Hier findest Du Hilfe:

Die Schweizer LGBT+ Helpline steht Dir unter der Nummer 0800 133 133 kostenlos zur Verfügung. Mehr Infos: lgbt-helpline.ch

Weitere Information erhältst Du auch unter:
Du-bist-du.ch: Beratung und Information
Milchjugend: Übersicht über queere Jugendgruppen
Transgender Network Switzerland: Dachorganisation für trans Menschen
LOS: Lesbenorganisation Schweiz
Pink Cross: Dachorganisation schwuler und bisexueller Männer