SCHWEIZ: Hassverbrechen gegen queere Menschen haben sich mehr als verdoppelt

SCHWEIZ: Hassverbrechen gegen queere Menschen haben sich mehr als verdoppelt
Schon beinahe täglich werden der LGBTIQ-Helpline Fälle von LGBTI+ feindlichen Hassverbrechen gemeldet. Mit 305 Fällen hat sich die Zahl innert Jahresfrist mehr als verdoppelt, wie aus dem aktuellen Hate Crime-Bericht der Helpline in Zusammenarbeit mit LOS, Pink Cross und TGNS hervorgeht. Dabei dürfte es sich zudem nur um die berühmte Spitze des Eisbergs handeln. Um den Bundesrat zum Handeln aufzufordern, organisierte die LGBTIQ-Helpline nun zum IDAHOBIT einen Weckruf mit 305 klingelnden Handys auf dem Bundesplatz…

Mit der Aktion „305 Stimmen gegen Hass“ auf dem Berner Bundesplatz hat die LGBTIQ-Helpline auf die Verdoppelung der gemeldeten Hassverbrechen reagiert, welche der Organisation im vergangenen Jahr gemeldet wurden. Dazu wurden 305 Mobiltelefone auf den Bundesplatz gelegt, welche alle zur gleichen Zeit geklingelt haben. Dies soll auch ein Weckruf an den Bundesrat und die Politik sein, damit diesbezüglich wirksame Massnahmen ergriffen werden, denn jedes der Handys stand für ein queerfeindliches Hassverbrechen, dass der Helpline im 2023 gemeldet wurde.

Während bereits auf das Jahr 2022 ein deutlicher Anstieg von mehr als 50 Prozent von 92 auf 134 Meldungen verzeichnet wurden, so hat sich die Zahl der LGBTI+ feindlichen Hassverbrechen, welche der LGBTIQ-Helpline gemeldet wurden, auf 2023 mit 305 Meldungen diesmal sogar mehr als verdoppelt. Dies geht aus dem aktuellen Hate Crime-Bericht hervor, welchen LOS, Pink Cross und TGNS in Zusammenarbeit mit der LGBTIQ-Helpline zum internationalen Tag gegen Queerfeindlichkeit, dem IDAHOBIT, veröffentlicht haben. Damit gibt es im Durchschnitt pro Woche sechs Meldungen, wobei dies nur die Spitze des Eisbergs sein dürfte.

Bei den Betroffenen handelte es sich im Jahr 2023 bei rund 40 Prozent um binäre und nicht-binäre trans Personen. Über diesen Trend zeigt sich Anis Kaiser, Leitung Advocacy von TGNS, besorgt. Die negative Stimmung, die durch transfeindliche Medienbeiträge und politische Vorstösse geschürt werde, habe reale Folgen, erklärt Kaiser. So haben trans Menschen in den letzten Monaten viel stärker offene Anfeindungen und Gewalt – selbst am helllichten Tag auf offener Strasse - erfahren. Diesem Hass müsse sich die Zivilgesellschaft entschieden entgegenstellen!

Laut dem jüngsten Bericht sind insbesondere junge Menschen von Gewalt und Anfeindungen betroffen. So machen Personen unter 30 Jahren rund zwei Drittel der Betroffenen aus. Dabei handelt es sich bei rund 70 Prozent um selber erlebte oder beobachtete Beschimpfungen oder Beleidigungen. In 21 Prozent oder 64 Fällen kam es auch zu physischer Gewalt.

Weiterhin bleibt aber die Zahl der bei der Polizei angezeigten Fälle mit nur 15 Prozent sehr tief. Von diesen erlebten rund 40 Prozent Unterstützung durch die Polizei, und 19 Prozent erhielten eine sachliche Reaktion. Immer noch elf Prozent hatten hingegen ein negatives Erlebnis, als sie einen Vorfall zur Anzeige bringen wollten. Sie erklärten, dass sie ablehnend und herablassend behandelt wurden. 13 Prozent gaben zudem an, dass sie auf Unwissenheit bei der Polizei stiessen. Als Motiv, weshalb sie ihren Vorfall nicht bei der Polizei meldeten, nannten die meisten, die Angst vor den Täter:innen, dass sie den Fall nicht als relevant einstuften, dass sie befürchteten, dass sie nicht ernst genommen werden oder auch Unwissenheit. Diese Gründe zeigen, dass die Zahl der Hassverbrechen, welche tatsächlich passieren, weit höher sein dürfte, als die bei der LGBTIQ-Helpline gemeldeten Fälle.

Etwas weniger als die Hälfte der Fälle, welche bei der Helpline erfasst wurden, stammten mit 131 aus dem Kanton Zürich. 36 Fälle kamen aus dem Kanton Bern, 27 aus St. Gallen, 22 Fälle aus dem Aargau und 14 aus dem Kanton Waadt. Dabei zeigte sich, dass 56 Prozent der Hassverbrechen im öffentlichen Raum passierten, dabei mit 25 Prozent am häufigsten auf der Strasse gefolgt von 23 Prozent im öffentlichen Verkehr, an Haltestellen und Bahnhöfen, sowie 8 Prozent in Parks und öffentlichen Plätzen. Für Hassreden und Diskriminierungen im Online-Bereich wird die Helpline kaum verwendet. Sie machen nur einen Anteil von rund 11 Prozent aus.

Den gesamten Hate Crime-Bericht findest Du hier.

Bild: © Pink Cross

Brauchst Du Hilfe und möchtest Du mit jemandem sprechen? Hier findest Du Hilfe:

Die Schweizer LGBT+ Helpline steht Dir unter der Nummer 0800 133 133 kostenlos zur Verfügung. Mehr Infos: lgbt-helpline.ch

Weitere Information erhältst Du auch unter:
Du-bist-du.ch: Beratung und Information
Milchjugend: Übersicht über queere Jugendgruppen
Transgender Network Switzerland: Dachorganisation für trans Menschen
LOS: Lesbenorganisation Schweiz
Pink Cross: Dachorganisation schwuler und bisexueller Männer