SERBIEN: Bischof ruft zu bewaffneten Angriffen auf EuroPride-Teilnehmende auf

SERBIEN: Bischof ruft zu bewaffneten Angriffen auf EuroPride-Teilnehmende auf
In rund einem Monat findet in der serbischen Hauptstadt Belgrad die EuroPride statt, und schon jetzt greift ein Bischof der serbisch-orthodoxen Kirche zum verbalen Vorschlaghammer: Er verfluche alle Teilnehmenden und rufe zu bewaffneten Angriffen auf den Grossanlass auf.

Vom 12. bis zum 18. September 2022 wird die EuroPride in Belgrad zu Gast sein und zehntausende Teilnehmende werden dann in der serbischen Hauptstadt erwartet. Bereits jetzt machen die Gegner der Pride mobil, und rufen zu grossen Demonstrationen oder gar zu Gewalttaten gegen den Anlass auf - selbst von höchster Stelle innerhalb der serbisch-orthodoxen Kirche.

Am vergangenen Sonntag kam es bereits zu einer Demonstration im Zentrum von Belgrad: Geschätzte 5000 bis 10'000 Teilnehmende nahmen daran teil um gegen die EuroPride zu protestieren. Gestartet wurde bei den Büros des Patriarch der serbisch-orthodoxen Kirche, danach ging es durch das Stadtzentrum bis vor die Kirche Sankt Marko.

Man werde den heiligen Ort nicht aufgeben, schrien die Teilnehmenden, oder, man wolle keine Gay Parade und keine Besatzung des Westen, oder Lasst unsere Kinder in Ruhe. Die Proteste wurden von verschiedenen Gruppierungen organisiert, welche alle den sogenannten Schutz der Familie in den Fokus stellen.

Zu den Protesten angestachelt wurden die Demonstranten wohl auch durch ein Video des Bischofs Banat Nikanor von der serbisch-orthodoxen Kirche, welches nur wenige Tage zuvor aufgetaucht ist: Vor einer Kirche stehend, drohte er gegenüber Gläubigen offen mit Gewalt gegenüber den Teilnehmenden der EuroPride. Diese würden die heilige serbische Stadt entweihen, und man müsse die Stimme gegen diese Leute erheben.

Doch er rief nicht nur zu verbalem Protest auf: Er verfluche alle, welche diesen Anlass organisieren oder daran teilnehmen, erklärte er weiter. Wenn er eine Waffe hätte, dann würde er diese benutzen, er würde diese Kraft einsetzen, doch er habe sie nicht, so der Bischof weiter. Viele seiner weiteren Aussagen waren wohl auch gegen die Premierministerin gerichtet: Ana Brnabić wurde 2017 gewählt und lebt offen lesbisch.

Während die serbisch-orthodoxe Kirche selber nicht auf die Äusserungen des Bischofs reagierte, so äusserte sich dafür Staatspräsident Aleksandar Vucic: Der Bischof habe mit seinen Aussagen sich selbst und die Kirche Serbiens beleidigt und gedemütigt, und zwar viel mehr als dass er Ana Brnabić beleidigt habe.

Obwohl Serbien in den vergangenen Jahren einige Fortschritte erzielt hat, so sind LGBTI+ Feindlichkeiten noch immer tief in der Gesellschaft verankert, befeuert nicht zuletzt auch durch die Kirche. So gaben einer Umfrage zufolge 60 Prozent aller queeren Menschen in Serbien an, dass sie innerhalb eines Jahres Opfer von psychischer oder gar physischer Gewalt wurden.

Während der Belgrad Pride im Jahr 2001 kam es zu äusserst blutigen Auseinandersetzungen zwischen Gegendemonstranten und der Polizei: Die "blutige Pride", als das sie damals bezeichnet wurde, wurde von Fussball-Hooligans und rechtsradikalen Ultranationalisten angegriffen. Sie warfen Steine und Flaschen gegen die Pride-Teilnehmenden und die Polizei konnte die Auseinandersetzungen nur mit Mühe in den Griff bekommen und musste gar Warnschüsse in die Luft abgeben.

In der Folge wurden während fast einem Jahrzehnt keine Pride-Veranstaltungen mehr in Belgrad durchgeführt. 2010 kam es bei einem neuen Versuch, eine Pride zu organisieren, erneut zu Ausschreitungen. Es flogen erneut Steine und Flaschen gegen Polizei und Pride-Teilnehmende, aber auch Molotov-Cocktails und Feuerwerk. Auch das Büro der regierenden, Demokratischen Partei wurde angezündet. In der Folge wurden über 100 Personen festgenommen.

Erst in den vergangenen, wenigen Jahren wurde es auch in Belgrad während der Pride ruhiger und es kam zu keinen gewaltsamen Auseinandersetzungen mehr. Es ist daher auch ein wichtiges Zeichen, dass die EuroPride in diesem Jahr in Serbien stattfinden, um die internationale Unterstützung für die LGBTI+ Community im Land zu zeigen.