SINGAPUR: Neuer Anlauf zur Legalisierung von gleichgeschlechtlichen Aktivitäten

SINGAPUR: Neuer Anlauf zur Legalisierung von gleichgeschlechtlichen Aktivitäten
Ein pensionierter Arzt unternimmt einen zweiten Anlauf um die Regierung in Singapur dazu zubringen, dass gleichgeschlechtliche Aktivitäten endlich entkriminalisiert werden. Er will damit erreichen, dass die umstrittene, noch aus der britischen Kolonialzeit stammende Section 377a endlich abgeschafft wird, doch es gibt dabei auch ein Risiko...

Theoretisch drohen Männern, welche gleichgeschlechtlichen Aktivitäten nachgehen, mit der Section 377a noch immer bis zu zwei Jahre Haft. Theoretisch deshalb, weil selbst die höchsten Politiker, etwa der Premierminister, mittlerweile öffentlich bekanntgegeben hat, dass dieses Gesetz nicht mehr angewandt werde, da es diskriminierend sei. Doch trotz dieser Ankündigung hat es die Regierung bislang noch immer nicht gewagt, die umstrittene Section aus dem Strafgesetz zu streichen. Zu gross ist der Druck offenbar aus der Bevölkerung, insbesondere der religiösen Gruppierungen.

Nun startet der pensionierte Arzt Tan Seng Kee, besser bekannt als Roy Tan, einen erneuten Anlauf um dieses Gesetz aufzuheben. Dabei nutzt er die Möglichkeit des Rekurs vor dem Obergericht in Singapur, welches jeder*m Bürger*in zusteht, wenn sie/ er durch ein bestimmtes Gesetz der Regierung überdurchschnittlich tangiert wird. So könne man dieses Recht anwenden, sobald die Rechtssprechung der Regierung und ihr tatsächliches Handeln widersprüchlich sind. Somit könne man die Regierung mit einem Rekurs vor dem Obergericht oder dem Berufungsgericht dazu zwingen, ihre Taten oder ihre Politik rückgängig zu machen, so Roy Tan.

Der LGBTI+ Aktivist war mit anderen Verbündeten und mit dem gleichen Anliegen schon einmal vor dem Obergericht. Damals versuchten sie es mit einer Argumentation über die Verfassung, doch die Richter traten nicht auf das Anliegen ein. Mit dem Versuch über einen Rekurs versuchen sie nun, dass sich die Richter trotzdem mit dem Anliegen befassen müssen. Wie Tan erklärt, sei dieser neue Versuch, dass das Gesetz im Widerspruch zum Handeln der Regierung steht, bislang kaum je angewandt worden. Die Richter hätten nun zwei Möglichkeiten: Entweder sie wenden die Section 377a wieder an, doch dies sei undenkbar, denn dann müsste die Polizei quasi Männer verhaften, die im privaten miteinander Sex haben, und die andere, und bessere Option wäre es, dass man die Section einfach abschaffe. Damit würden alle Widersprüche auf einmal behoben, so Tan weiter.

Es wird erwartet, dass die ersten Anhörungen in diesem Fall in rund zehn Monaten stattfinden werden. Es könnte aber auch sein, dass sich das Obergericht doch noch mit der Aufhebung der Section befasst, welche mit dem Weg über die Verfassung argumentiert, denn diesbezüglich ist noch eine Klage vor dem Berufungsgericht hängig.