USA: Besiegelt Amy Coney Barrett das Ende der Ehe für alle?
Aus ihren streng katholischen Ansichten machte sie nie einen Hehl, ebenso wenig wie aus ihrer Haltung gegenüber der Ehe für alle und Abtreibungen. Sollte die von Donald Trump für das Amt der obersten Richterin vorgeschlagene Amy Coney Barrett tatsächlich bestätigt werden, dann hätte dies gravierende Folgen für die LGBTI+ Community. Die konservativen Kräfte im Supreme Court würden ihre Führung nämlich damit auf 6 zu 3 weiter ausbauen und damit befürchten LGBTI+ Aktivist*innen und Anwält*innen, ist das Schicksal der Ehe für alle besiegelt. Bereits im Vorfeld, in einem Fall betreffend der Standesbeamtin Kim Davis, haben nämlich auch die beiden konservativen Richter des Obersten Gerichts, Clarence Thomas und Samuel Alito, erklärt, dass die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare neu beurteilt werden müsste.
Am Montag haben nun die Anhörungen von Amy Coney Barrett vor dem Senat begonnen. Da die Obersten Richter auf Lebenszeit gewählt werden, würde Amy Coney Barrett mit ihren erst 48 Jahren unter Umständen während Jahrzehnten die Geschicke der USA mitprägen. Schon Brett Kavanaugh, welcher von Trump im 2018 als Oberster Richter eingesetzt wurde, ist erst 55-jährig.
In Bezug auf die Ehe für alle machte Barrett bereits klar, dass es ihrer Meinung nach nicht am Obersten Gericht sei, darüber zu entscheiden. Die Befürworter von Marriage Equality hätten jedes Recht dafür in den Parlamenten der einzelnen Bundesstaat zu lobbyieren, es hätte jedoch nicht durch das Supreme Court beurteilt werden dürfen, so Barrett. Diese Aussage, zusammen mit den Kommentaren von Thomas und Alito versetzte die LGBTI Aktivist*innen in Alarmbereitschaft.
Doch auch andere Rechte für die Community dürften es unter Barrett extrem schwer haben. So argumentierte sie unter anderem auch, dass Transmenschen nicht durch das Kriterium des Geschlechts vor Diskriminierung geschützt sind, etwa wenn es darum geht, welche Toiletten oder Umkleidekabinen sie benützen wollen. Ihrer Ansicht nach habe man damals, als dieser Schutz eingeführt wurde, nur an Frauen und Männer gedacht, und niemand hätte es auch nur zu Träumen gewagt, wohin das heute geführt habe. Es könne sein, dass man den sogenannten Titel IX ändern müsse, und dass die Argumente in Bezug auf die Toiletten für Transmenschen richtig seien, doch darüber müsse eine öffentliche Debatte geführt werden.
Mit dieser Aussage macht sie auch ihren Standpunkt als sogenannte „Originalist“ klar, nämlich, dass sie die Verfassung und die Gesetze in dem Kontext deutet, wie damals, als sie geschaffen wurden. Sie will sie somit nicht aus heutigen Gesichtspunkten und an eine moderne Gesellschaft angepasst beurteilen. Ebenfalls bereits klar ist, und das geht aus früheren Entscheidungen von ihr hervor, dass sie die Religionsfreiheit sehr hoch bewertet. Dies dürfte gerade für die LGBTI+ Community massive Auswirkungen haben, und zwar vom Gesundheitsbereich über Bildung bis hin zu alltäglichen Dienstleistungen, Wohnen oder dem Arbeitsrecht. So kann die Religionsfreiheit immer dann vorgeschoben werden, um LGBTI+ damit gewisse Dienstleistungen zu verweigern.
Im Moment sieht es so aus, als gelingt es den Demokraten kaum, Amy Coney Barrett zu verhindern, auch wenn sich eine Mehrheit der Amerikaner*innen dafür aussprach, dass der offene Richterposten erst nach den Wahlen im November vergeben werden soll. Doch auch die Demokraten haben noch ein Ass im Ärmel: Sollten sie bei den kommenden Wahlen siegen und allenfalls gar die Mehrheit in beiden Kammern haben, dann gibt es offenbar bereits Pläne, um die Anzahl Richter des Supreme Court von aktuell neun aufzustocken. Damit könnte die konservative Mehrheit gebrochen werden. Doch noch ist es nicht soweit, und die Demokraten halten sich zu solchen Manövern noch bedeckt...