USA: Werden die Verbote von Konversionsmassnahmen bald aufgehoben?
Obwohl Konversionsmassnahmen längst widerlegt sind und von allen wichtigen medizinischen Dachverbänden und Organisationen als gefährlich und LGBTI+ feindlich abgelehnt werden, so sind sie trotzdem erst in rund der Hälfte der US-Bundesstaaten verboten. Mit dem zunehmenden Druck auf die Rechte queerer Menschen in den USA und durch die enorme Zunahme an Anti-LGBTI+ Gesetzen, war es nur eine Frage der Zeit, dass auch die Verbote von Konversionsmassnahmen ins Visier genommen werden. Gerade christliche und insbesondere evangelikale Kreise sehen in diesen Verboten eine Einschränkung ihrer Meinungs- und Religionsfreiheit.
Die christliche Organisation Alliance Defending Freedom (ADF) strebt nun gar eine Klage vor dem Obersten Gericht der USA an um diese Verbote von Konversionsmassnahmen zu kippen. Im konkreten Fall geht es um den Ehe-und Familienberater Brian Tingley, welcher behauptet, dass das im US-Bundesstaat Washington geltende Verbot von Konversionsmassnahmen bei Minderjährigen gegen seine Rede- und Religionsfreiheit verstosse. Dabei definiert er seine Praktiken quasi als Rede und Meinung und nicht als Tat.
Die ADF wird vom Southern Poverty Law Center als Hassgruppe defininiert. Dabei ist die Organisation überaus mächtig und stand auch bereits hinter der Klage 303 Creative LLC gegen Elenis vor dem Obersten Gericht der USA. Die Supreme Court-Richter entschieden in diesem Juni, dass es einer Webdesignerin erlaubt ist, einen Auftrag für eine Hochzeitshomepage für ein gleichgeschlechtliches Paar abzulehnen. Dieses Urteil wird weitreichende Konsequenzen haben, da nun auch andere Dienstleister queere Kund:innen ablehnen könnten.
Ob sich das Oberste Gericht tatsächlich dem Fall von Brian Tingley annehmen wird, ist noch offen. Rechtsexperten beurteilen die Chancen für die Klage zwar als niedrig, doch sie mache trotzdem deutlich, welche Ziele die ADF verfolge. Die Organisation nutze stets das Recht auf Meinungs- und Religionsfreiheit um damit klare und wichtige Gesetze, welche im Interesse der Gesellschaft erlassen wurden, zu kippen. Sollten sie mit einer solchen Klage tatsächlich durchkommen, dann würde dies Tür und Tor für weitere Klagen öffnen um staatliche Regelungen, welche etwa auf wissenschaftlichen Prinzipien basieren, zu kippen.
Die Alliance Defending Freedom (ADF) ist äusserst LGBTI+ feindlich und setzt sich in den USA, aber auch im Ausland dafür ein, dass etwa gleichgeschlechtliche Handlungen wieder kriminalisiert werden oder in gewissen Ländern illegal bleiben. Weiter werden haltlose Theorien verbreitet, welche Homosexualität mit Pädophilie vergleichen, und mit welchen sie behaupten, dass es eine "homosexuellen Agenda" gibt, welche das Ziel verfolgt, das Christentum und die gesamte Gesellschaft zu zerstören.
Unter Konversionsmassnahmen versteht man den Versuch die sexuelle Orientierung oder die Geschlechtsidentität einer Person zu verändern. Dies wird oft mittels Psychotherapien, Beten oder mit Praktiken wie etwa Hypnose oder Elektroschocks versucht. Diese Methoden haben keinerlei wissenschaftliche Basis und werden von allen, wichtigen medizinischen Verbänden als gefährlich abgelehnt. Die Opfer dieser Praktiken leiden danach nicht selten unter psychischen Problemen, Depressionen oder gar Suizidgedanken. Auch in zahlreichen Ländern in Europa gibt es bereits explizite Verbote für solche Praktiken, aber noch nicht in der Schweiz.
Brauchst Du Hilfe und möchtest Du mit jemandem sprechen? Hier findest Du Hilfe:
Die Schweizer LGBT+ Helpline steht Dir unter der Nummer 0800 133 133 kostenlos zur Verfügung. Mehr Infos: lgbt-helpline.ch
Weitere Information erhältst Du auch unter:
Du-bist-du.ch: Beratung und Information
Milchjugend: Übersicht über queere Jugendgruppen
Transgender Network Switzerland: Dachorganisation für trans Menschen
LOS: Lesbenorganisation Schweiz
Pink Cross: Dachorganisation schwuler und bisexueller Männer