Fonds Respect: Sorry. Aber schwul bin ich immer noch...

Fonds Respect: Sorry. Aber schwul bin ich immer noch...
Konversionsmassnahmen sind auch im Jahr 2023 noch Realität in der Schweiz, und ein nationales Verbot dieser LGBTI+ feindlichen Praktiken lässt weiter auf sich warten. Dimitri Grünig ist freischaffender Illustrator und Künstler und widmet sich mit seinem Buchprojekt genau diesen Massnahmen. Dafür wurde er nun vom Fonds Respect finanziell unterstützt.

Erst einzelne Kantone haben ein Verbot von Konversionsmassnahmen umgesetzt, und das nationale Verbot muss noch vom Ständerat debattiert und verabschiedet werden. Bis es soweit ist, können solch LGBTI+ feindlichen Praktiken in den allermeisten Orten der Schweiz nach wie vor mehr oder weniger straffrei angewandt werden.

Dimitri Grünig hat sich diesem Umstand angenommen und er befasste sich für sein erstes Buch, ein grafisches Reportage-Essay, welches im Oktober 2023 erscheinen wird, genau mit diesen Themen. Er erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, welcher sich im Kanton Bern während mehrerer Jahre solchen Therapieprogrammen unterziehen musste.

Dimitri Grünig hat gay.ch mehr über sein Buchprojekt "Sorry. Aber schwul bin ich immer noch" erzählt, welches in diesem Jahr mit einem finanziellen Beitrag des Fonds Respect unterstützt wurde:

gay.ch: Kannst Du Dich kurz vorstellen?
Mein Name ist Dimitri Grünig. Ich bin Künstler und freischaffender Illustrator. 2021 habe ich mein Studium an der Hochschule für Design & Kunst in Luzern, im Bereich Illustration Fiction abgeschlossen. Der Schwerpunkt meiner Arbeit liegt in gezeichneten Reportagen und Visual Essays. Heute lebe und arbeite ich in Bern.

Was kannst Du uns über dein Buch-Projekt erzählen?
Im Oktober 2023 werde ich beim Bieler Verlag edition clandestin mein erstes Buch veröffentlichen. Es ist ein grafisches Reportage-Essay, welches sich mit Konversionstherapien befasst. Das Buch erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der in einem sehr religiösen, konservativen Milieu im Kanton Bern aufwächst. Bereits als kleines Kind merkt er, dass er anders ist. Er versucht seine Homosexualität wegzubeten, zu verdrängen, da sie in seiner Familie als Schande, als Strafe Gottes, als Krankheit angesehen wird. Aus dieser Prägung resultiert eine derart starke, internalisierte Homophobie, dass er sich über mehrere Jahre in ein Therapieprogramm begibt. Für die Recherche sammelte ich Erfahrungsberichte und führte Gespräche mit Menschen, welche an den Programmen teilgenommen hatten, sich nach jahrelangem Kampf von ihrem Umfeld und ihrer Prägung emanzipiert hatten, oder auf dem Weg dazu sind

Wie bist Du auf die Idee zu diesem Buch gekommen?
Ausgehend vom Verbot von Konversionstherapien in Deutschland und Frankreich habe ich vor ca. 2 Jahren begonnen zum Thema zu recherchieren. Glücklicherweise habe ich selber nichts dergleichen erlebt, habe aber einen Menschen im Bekanntenkreis, der sich über Jahre Exorzismen aussetzen musste. Ich bin in einer eher atheistischen Familie gross geworden, das konservative, Freikirchliche Denken war jedoch in meinen Heimatdorf stark spürbar.

Was ist dein Ziel mit deinem Buch Sorry - Aber schwul bin ich immer noch?
Glücklicherweise ist nach langem politischen Ringen 2022 ein nationales Verbot solcher Therapien auf den Weg gebracht worden. Dennoch werden diese, oder ähnliche Angebote auch noch in Zukunft - im Verborgenen - weiter bestehen. Umso wichtiger ist es, auf die Geschichten der Betroffenen aufmerksam zu machen und sich mit dem angetanen Unrecht auseinander zu setzen. Genau dies ist Ziel meiner Publikation - sie ist all jenen gewidmet, die sich ein authentisches Leben erkämpfen müssen.

Wie hast Du die finanziellen Mittel eingesetzt, welche Dir der Fonds Respect zugesprochen hat?
Für die Druckkosten wurden Gelder bei der kantonalen Kulturförderung beantragt. Den Beitrag von Fonds Respect werde ich entweder zur Entlohnung dritter (literarische Zusammenarbeit, Grafik) und für die Vernissage & Ausstellung der Originale mit Podiumsdiskussionen verwenden.

Können sich auch Privatpersonen bei deinem Projekt finanziell engagieren? Falls ja, wie?
Auf meiner Webseite ist das Projektdossier mit Online-Fragebogen verlinkt, mit dem die Publikation vorbestellt, oder das Projekt unterstützt werden kann. Damit alle anfallenden Arbeiten fair entlohnt werden können, freue ich mich über jede Unterstützung.

Mehr über das Buch von Dimitri Grünig erfährst Du hier: dimitrigruenig.com

Folge zudem gay.ch bei Instagram und bleibe informiert, sobald das nächste Interview dieser Serie online geht: @gay.ch_switzerland

Brauchst Du Hilfe und möchtest Du mit jemandem sprechen? Hier findest Du Hilfe:

Die Schweizer LGBT+ Helpline steht Dir unter der Nummer 0800 133 133 kostenlos zur Verfügung. Mehr Infos: lgbt-helpline.ch

Weitere Information erhältst Du auch unter:
Du-bist-du.ch: Beratung und Information
Milchjugend: Übersicht über queere Jugendgruppen
Transgender Network Switzerland: Dachorganisation für trans Menschen
LOS: Lesbenorganisation Schweiz
Pink Cross: Dachorganisation schwuler und bisexueller Männer

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Der FONDS RESPECT
ist der LGBT+ Fonds von LOS, TGNS & Pink Cross. Er setzt sich ein für die gesellschaftspolitische Akzeptanz und Gleichstellung queerer Lebensformen und für die Stärkung von LGBT+ Menschen. Zu diesem Zweck unterstützt der FONDS RESPECT kulturelle, wissenschaftliche und zivilgesellschaftliche Projekte auf Antrag mit einem Beitrag.

Informationen, wer Unterstützung anfragen kann und welche Kriterien und Bedingungen zu erfüllen sind, sind unter fonds-respect.ch/foerderung zu finden.

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