VATIKAN: Die Aussagen des Papstes, und die möglichen Folgen
Es ist im Dokumentarfilm Francesco, in welcher Papst Franziskus jene Botschaft platzierte, welche sich in Windeseile rund um den Globus verbreitet hat und von vielen als Durchbruch gefeiert wurde. So sollen gleichgeschlechtliche Paare ihre Partnerschaften rechtlich absichern können, und auch Homosexuelle hätten ein Recht eine Familie zu sein. Es ist eine der klarsten Aussagen des Papstes zu diesem Anliegen, seit er 2013 ins Amt gewählt wurde, oder zumindest jene, welche den Weg in die breite Öffentlichkeit bislang am besten fand. Denn diese Haltung von Papst Franziskus ist nicht etwa neu, hat er sie doch schon zu seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires öffentlich gemacht.
Nachdem nun der Wirbel um diese Botschaft etwas verflogen ist, melden sich aber mehr und mehr auch LGBTI+ Aktivist*innen aus aller Welt, welche nicht nur in Lobeshymnen darüber ausbrechen. Einig sind sie sich einzig, dass es ein Schritt in die richtige Richtung ist, doch in Bezug auf die Tragweite und die Auswirkungen dieser Aussagen, beginnen die Differenzen. Einig sind sie sich, dass die Ankündigung gerade für viele LGBTI+ Katholik*innen das Leben verändert hat. Es sei quasi ein Paradigmenwechsel, doch es dürfe nun nicht nur bei den Worten bleiben, denn nun müssten Taten folgen.
Doch die Differenzen beginnen dort, wenn es um die Wortwahl des Papstes geht. So sehen viele LGBTI+ Aktivist*innen gerade in Südamerika, wo die katholische Kirche ebenfalls mächtig ist, das Hauptproblem in dieser Aussage im Begriff des Partnerschaftsgesetzes. Damit würden die Bemühungen der Community untergraben, welche sich für die gleichgestellte Ehe einsetzt. Es würde damit eine separate, aber gleichgestellte Alternative propagiert. Eine neue Institution zu schaffen, welche nicht gleichgestellt ist, ist nicht gut, denn damit wird eine neue Form der Diskriminierung geschaffen, heisst es etwas aus Ecuador.
Dass die Worte des Papstes wohl gewählt waren, zeigt ein Blick auf seine Karriere: Er war damals 2010 Erzbischof von Buenos Aires als in Argentinien die Ehe für alle geöffnet wurde. Er sprach sich damals öffentlich gegen die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare aus, wollte aber, wie heute, eine "Art rechtlichen Schutz" für gleichgeschlechtliche Paare. Die Aktivist*innen hätten es daher begrüsst, wenn der Papst, nicht gleich wie damals, nun von der zivilen Ehe gesprochen hätte, und nicht von einem Partnerschaftsgesetz. Die gleichgestellte zivile Ehe soll nämlich das Ziel sein, und nicht ein neues gesetzliches Konstrukt, welche wieder nicht die Gleichstellung mit heterosexuellen Paaren bedeutet.
Ob sich mit der Aussage des Papstes nun tatsächlich etwas für LGBTI+ ändert, muss sich weisen. Zu gross sind derzeit die Widersprüche innerhalb der Kirche nach wie vor: So lehrt die Katholische Kirche zwar, dass die Anziehung zum selben Geschlecht keine Sünde sei, doch gleichgeschlechtliche Aktivitäten sind es, und trotz allem sollte LGBTI+ mit Würde begegnet werden.
Viele Gesetze zu gunsten der LGBTI+ Community werden in zahlreichen Ländern gerade von der Katholischen Kirche energisch bekämpft, und obwohl Kirche und Staat eigentlich getrennt wären, nehmen die Geistlichen politischen Einfluss bei diesen Anliegen: Sei es gegen Partnerschaftsgesetze, gegen die Ehe für alle, gegen Gesetze gegen Conversion Therapien, oder wie jüngst sogar gegen ein Gesetz gegen LGBTI+ feindliche Hassverbrechen in Italien. Die Liste jener Länder, in welchen sich die Katholische Kirche explizit gegen die Rechte der LGBTI+ Community stellt, ist lang, und ob sich mit diesen knappen Aussagen des Papstes etwas daran ändern wird, muss sich weisen.