WIRTSCHAFT: LGBTI+ Aktivist:innen rufen Firmen dazu auf, gegen Hass Flagge zu zeigen

WIRTSCHAFT: LGBTI+ Aktivist:innen rufen Firmen dazu auf, gegen Hass Flagge zu zeigen
Unternehmen, welche Pride Kampagnen vorgestellt haben, sind in den USA ins Visier der Republikaner und von rechtskonservativen, religiösen Gruppierungen gekommen. LGBTI+ Aktivist:innen rufen daher diese Unternehmen dazu auf, jetzt erst recht gegen Hass Flagge zu zeigen. Dabei gibt es aktuell gute und weniger gute Beispiele, und es zeigt sich vor allem eines: Es trennt sich der Spreu vom Weizen, was das sogenannte Pink Washing von Firmen betrifft.

Disney befindet sich in Florida in einem handfesten Streit mit der republikanischen Regierung unter Ron DeSantis. Auslöser war die Kritik des Mickey Mouse-Konzerns am äusserst LGBTI+ feindlichen Don't Say Gay-Gesetz. Seither versuchen die Republikaner mit immer neuen Gesetzen das Unternehmen zu torpedieren. Disney behält derzeit weiterhin die Oberhand und kontert, indem etwa geplante Investitionen im Bereich von einer Milliarde Dollar medienwirksam zurückgezogen wurden und damit 2'000 neue Arbeitsplätze nun erstmal auf Eis gelegt sind.

Darauf folgte die Kontroverse um Bud Light und den Bierkonzern Anheuser-Busch. Zum bevorstehenden Pride Month ging das Unternehmen eine Partnerschaft mit trans Schauspielerin, Model und Influencerin Dylan Mulvaney ein. Rechte Medien, Aushängeschilder des rechten Flügels der Republikaner und religiös-konservative Gruppierungen riefen zum Boykott von Bud Light auf, der Aktienkurs sank ins bodenlose und Videos gingen viral, welche zeigen, wie etwa in Läden Bud Light-Displays mutwillig zerstört werden.

Anfänglich hielt der Konzern noch an seiner Entscheidung fest, doch nach tagelangen Anfeindungen veröffentlichte der CEO von Anheuser-Busch eine Stellungnahme, welche von vielen LGBTI+ Aktivist:innen wie Entschuldigung aufgefasst wurde, dass man Dylan Mulvaney in der Werbekampagne mit einbezogen habe. Dies führte nicht zuletzt dazu, dass Bud Light darauf in vielen Queer Bars und Clubs aus dem Sortiment genommen wurde.

Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass auch Target, einer der grössten Detailhändler der USA, begonnen hat, Teile seiner rund 2'000 Produkte umfassenden Pride-Kollektionen aus dem Sortiment zu nehmen, respektive zu überprüfen und weniger prominent in den Läden zu präsentieren. Laut offizieller Mitteilung des Unternehmens, wolle man damit die Mitarbeitenden vor Anfeindungen schützen und ihre Sicherheit am Arbeitsplatz garantieren.

LGBTI+ Aktivist:innen rufen nun alle Unternehmen dazu auf, welche jeweils ihre Pride-Kollektionen vorstellten und queerinklusive Werbekampagnen geschalten haben, dass es gerade jetzt an der Zeit ist gegen Hass Flagge zu zeigen. Ein Zusammenschluss der grössten LGBTI+ Organisationen der USA, darunter GLAAD, GLSEN, die Human Rights Campaign, die National Black Justice Coalition und Family Equality, hat Target zudem um eine Stellungnahme gebeten. Sie haben nämlich das Unternehmen aufgefordert, wieder sämtliche Pride-Artikel in den Shops auszustellen und auch wieder im Onlineshop aufzuschalten und stattdessen Massnahmen zu treffen, um die Mitarbeitenden in den Läden entsprechend zu schützen. Bislang fehlt aber eine Antwort.

Für die queeren Organisationen ist es klar: Die aktuellen Attacken gegen Unternehmen, orchestriert von extremistischen Gruppierungen, sind ein Weckruf an all jene Firmen, welche die LGBTI+ Community in der Vergangenheit unterstützt haben. Diese Angriffe seien nur dazu da, um queere Inklusion und Repräsentation zu verhindern und um die LGBTI+ Community unsichtbar zu machen. Es wird damit Hass gegen queere Menschen gesät, und die mittlerweile über 500 Gesetzesvorstösse alleine in diesem Jahr in den USA, welche direkt gegen LGBTI+ abzielen, sollen nun den Queers auch noch die grundlegendsten Freiheiten und Rechte wegnehmen.

Target und alle anderen Unternehmen sollen ihre Unterstützung von LGBTI+ Organisationen nun dazu nutzen um gemeinsam dem Hass entgegenzutreten. Man können den Extremisten damit unmissverständlich aufzeigen, dass ihre Angstkampagnen nicht gewinnen werden, und dass sie damit genau so scheitern werden wie mit jeder anderen Anti-LGBTI+ Kampagne in der Vergangenheit, schreiben die Organisationen weiter.

Dieser Druck aus der Community in Richtung der Unternehmen kommt aber auch noch von ganz anderer Stelle: So schreibt unter anderem die New York City Pride medienwirksam, dass man seit Jahren von Target gesponsert werde, und dass man als Pride damit auch die Verpflichtung eingehe, diese Partner in solchen Fällen einerseits zu unterstützen, aber sie auch zur Verantwortung zu ziehen. Man fordere Target daher dazu auf, dass sie ihre Versprechen gegenüber der LGBTI+ Community einhalten und ihr Pride Merchandise wieder vollumfänglich zur Verfügung stellen.

Dass Support auch in stürmischen Zeiten gelebt werden kann, zeigt North Face. Das Unternehmen wird derzeit aufgrund der Pride Kollektion und wegen einer Zusammenarbeit mit der Drag Queen Pattie Gonia für die Summer of Pride-Kampagne massiv von Rechtsaussen angefeindet. Doch selbst als so prominente republikanische MAGA-Kongressabgeordnete wie Lauren Boebert oder Marjorie Taylor Greene via Twitter scharf gegen North Face schossen, liess sich das Unternehmen nicht von seinem Kurs abbringen und veröffentlichte stattdessen eine Mitteilung, mit welcher sie ihre Unterstützung für queere Menschen bekräftigen.

North Face sei davon überzeugt, dass die Natur ein einladender, sicherer Ort der Gleichberechtigung für alle sein sollte. Man fühle sich geehrt und dankbar für die Zusammenarbeit mit Pattie Gonia, mit welcher diese Vision Wirklichkeit werden könne. Das Gefühl von Gemeinschaft und der Zugehörigkeit in der Natur zu schaffen, sei ein Kernelement der Werte von North Face, so das Unternehmen weiter, und diese Werte werden heute mehr denn je benötigt. Man stehe an der Seite von all jenen, welche diese Vision einer inklusiven Outdoor-Branche unterstützen.

Für dieses Statement gab es grosses Lob von LGBTI+ Organisationen: So erklärte etwa GLAAD, dass diese Entscheidung von North Face ein Signal für andere Unternehmen sein soll, gerade in einer Zeit in der sich mehr als 20 Prozent der Generation Z als LGBTQ bezeichnen und eine übergrosse Mehrheit der Amerikaner:innen die LGBTI+ Community unterstützen. Die Inklusion von queeren Menschen ist auch besser für das Geschäft, als sich auf die Seite einer kleinen Zahl an gewalttätigen Extremisten zu stellen, welche versuchen, LGBTI+ Konsument:innen und -mitarbeitende unsichtbar zu machen.

Das Pink Washing von Firmen, Parteien und Organisationen, quasi das Unterstützen der LGBTI+ Community, so lange man damit Geld verdienen kann, ist gerade rund um den Pride Month ein grosses Thema. Und in diesem Jahr zeigt sich somit mehr denn je, welche Unternehmen es mit ihrem Support für die Community tatsächlich ernst meinen, oder welche tatsächlich einfach auf den Zug aufgesprungen sind, um Pink Washing zu betreiben. Denn eines ist klar, die ernstgemeinte Unterstützung kann die LGBTI+ Community aktuell mehr gebrauchen als je zuvor.

Bild: © The North Face - Summer of Pride