PORTRAIT: Matthew Shepard und der unermüdliche Kampf in seinem Namen gegen Hassverbrechen

PORTRAIT: Matthew Shepard und der unermüdliche Kampf in seinem Namen gegen Hassverbrechen
Am 12. Oktober vor 25 Jahren wurde sein Sohn Opfer eines LGBTI+ feindlichen Hassverbrechens, welches die USA und die ganze Welt erschütterte: Noch heute kämpft Matthew Shepards Vater zusammen mit seiner Frau für die Rechte queerer Menschen. Eigentlich wollten sie sich längst zurückziehen, doch die aktuellen Aussichten für die Zukunft seien zu düster dafür. Man habe zwar viele Fortschritte erzielt, doch aktuell mache man gleich drei Schritte zurück.

Was wir ab 2016, oder eigentlich bereits ab 2015 während dem Wahlkampf, bis heute erleben, hat uns gezeigt, dass wir unseren Kampf für die Rechte queerer Menschen wieder intensivieren müssen, erklärt Dennis Shepard, der Vater von Matthew, welcher 1998 einem LGBTI+ feindlichen Hassverbrechen zum Opfer fiel. Mit „wir“ meint er sich und seine Frau Judy, welche sich seit dem gewaltsamen Tod ihres Sohnes unermüdlich für die Queer Community einsetzen. Während man während Jahrzehnten zahlreiche Fortschritte erzielen konnte, so sieht Dennis Shepard derzeit düster für die Zukunft. Man mache derzeit mindestens drei Schritte zurück.

Damit meint er etwa die unzähligen Gesetzesentwürfe, welche in rund 20 US-Bundesstaaten eingereicht wurden und welche explizit gegen queere Menschen gerichtet sind. Bereits Mitte März 2023 wurden mehr solche Anti-LGBTI+ Gesetzesentwürfe eingebracht als im gesamten 2022. Die meisten zielen dabei auf jugendliche trans Menschen ab, sei es, dass geschlechtsangleichende Behandlungen verboten werden, dass vorgeschrieben wird, welche Toiletten oder Umkleiden sie benutzen sollen, oder auch in welchen Sportteams sie mitmachen dürfen.

Die Verantwortlichen dafür sind für das Ehepaar Shepard schnell gefunden: Die Republikaner wollen die Bevölkerung spalten und ihnen Angst machen. Das sei genau ihre Taktik um an Wählerstimmen zulegen zu können. Die Partei habe nichts anderes zu bieten, sie wisse nicht wofür sie kämpfen sollen, denn die Wirtschaft laufe gut, der Arbeitsmarkt floriert und somit versuchen sie es nun auf diese Weise mit Angstkampagnen. Solche Panikmache führe zu Fehlinformationen und dies führte dazu, dass das uralte Schimpfwort des „Groomers“ derzeit wieder Hochkonjunktur bei den Rechten hat, so Shepard.

Sie hätten ihren Sohn genau wegen dieser Rhetorik, dieser Gewalt und dieser Diskriminierung verloren. Eigentlich hätten sie bereits darüber nachgedacht, sich von der Matthew Shepard Foundation zurückzuziehen, denn das Verbot von LGBTI+ im Militär war aufgehoben, die Ehe wurde für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet und junge Queers können heute Hand in Hand durch die Strassen laufen, erklärt Shepard. Doch dann sei Trump gekommen. Es sei heute wichtiger denn je, dass man sich wieder zusammenschliesse um diesen Hass und diese feindliche Propaganda zu stoppen. Seit Trumps Amtszeit ist es Hassern wieder möglich in voller Stärke öffentlich aufzutreten und damit Aufmerksamkeit zu erhalten.

Als die unzähligen Attacken gegen trans Menschen und deren Familien begonnen haben, so Dennis Shepard, habe er sich entschieden, sich beim Dokumentarfilm The Dads zu engagieren. Zusammen mit fünf Vätern von trans Kindern ging er fischen und dabei erzählten sie von ihren Erlebnissen und den wachsenden Ängsten um die Sicherheit ihrer Liebsten. Hinter dem Projekt steht die preisgekrönte Filmemacherin Luchina Fisher, welche dafür mit dem Parents for Transgender Equality National Council der Human Rights Campaign zusammengespannt hat. Dabei geht es im Film auch darum, zu verstehen, weshalb Amerikas Rechte sich derzeit derart auf Attacken gegen trans Menschen fokussieren.

The Dads soll ein Sprungbrett dafür sein um die Debatte um die Rechte von trans Menschen und insbesondere trans Jugendlichen weiterzubringen. Dabei soll im speziellen auch auf die Rolle der Väter hingewiesen werden, welche viel zu oft vergessen gehen, wenn es um ihren Kampf um Unterstützung für ihre trans Kinder geht. Eines ist klar, Dennis Shepard und seine Frau Judy stehen ihnen zur Seite, denn niemand soll das durchmachen müssen, was sie mit ihrem Sohn Matthew erleben mussten.

Matthew Shepard:

Warnung: Folgende Schilderungen enthalten brutale Gewalt gegen einen queeren Jugendlichen!

Am 6. Oktober lernte Matthew Shepard in einer Bar zwei Männer im Alter von 21 und 22 Jahren kennen. Sie boten an, ihn nach Hause zu fahren. Auf dem Weg misshandelten die beiden Männer den 21-jährigen Matthew aufs Brutalste. So schlugen sie ihn unter anderem mit einer Pistole - vornehmlich auf den Kopf. Bewusstlos fesselten sie ihn schliesslich mit seinen Schuhbändeln an einen Zaun. Matthew wurde erst 18 Stunden nach der Tat bewusstlos von Radfahrern entdeckt. Er war derart entstellt, dass sie ihn erst für eine Vogelscheuche hielten.

Matthew wurde sofort in ein Krankenhaus gefahren. Untersuchungen haben gezeigt, dass er offenbar nach der Tat und bis er gefunden wurde, trotz der schweren Verletzungen, nochmals zu Bewusstsein gekommen sein muss. Ganze fünf Tage kämpfte er auf der Intensivstation um sein Leben, kam aber nie mehr aus seiner Bewusstlosigkeit zurück. Am 12. Oktober verstarb er schliesslich im Krankenhaus von Fort Collins im US-Bundesstaat Colorado.

Die Täter konnten später verhaftet werden. Da während dem Prozess die Todesstrafe in Betracht gezogen wurde, legte einer der Täter ein Geständnis ab. Er wurde zu zweimal lebenlänglich ohne Möglichkeit auf vorzeitige Entlassung verurteilt. Als beim zweiten Täter ebenfalls die Todesstrafe in Frage kam, setzten sich Dennis und Judy Shepard dafür ein, dass er stattdessen lebenslange Haft erhält. Sie wollten damit Gnade für jemanden zeigen, der keine Gnade gekannt hat.

Rund 21 Jahre nach dem Tod von Matthew Shepard wurde unter Barack Obama der Matthew Shepard and James Byrd, Jr. Hate Crimes Prevention Act in Kraft gesetzt. Er ermöglicht, dass Verbrechen, welche aus dem Motiv Hass begangen werden, härter bestraft werden können.

Mehr Infos: Matthew Shepard Foundation