GESUNDHEIT: Queere Jugendliche leiden massiv öfters an Essstörungen
Während Essstörungen in der Öffentlichkeit noch immer stärker mit Mädchen und Frauen in Verbindung gebracht werden, so zeigte eine breitangelegte Studie der University of California in San Francisco, dass gerade wenn es um Essattacken geht, dem sogenannten Binge-Eating, weit häufiger männliche Jugendliche betroffen sind. Dabei werden pro Mahlzeit grosse Mengen an Essen zugenommen, zwischen 1000 und 9000 Kalorien, und zwischendurch auch immer wieder sogenannte Schummelmahlzeiten eingeschoben. Gerade für diese Schummelmahlzeiten sind Männer anfälliger als Frauen, und sie haben es in sich, da sie für Kontrollverlust beim Essen, für übermässiges Essen und für Essanfälle stehen.
Doch noch anfälliger sind laut der Studie von Dr. Jason Nagata und seinem Team queere Jugendliche. Unter Diskriminierung, Stigmatisierung und Mobbing aufgrund der sexuellen Orientierung leidet nicht nur das Selbstwertgefühl, sondern es kann auch ursächlich für Essstörungen sein. So zeigte sich bei der Untersuchung, dass jugendliche LGBTI+ doppelt so häufig an Binge-Eating leiden als ihre gleichaltrigen nicht-LGBTI+ Jugendlichen. Die sogenannte Binge-Eating-Disorder (BED) kann neben einer Vielzahl an medizinischen Problemen wie Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes auch psychische Erkrankungen hervorrufen wie eine erhöhte Suizidgefährdung, Angstzustände oder Depressionen.
Geschätzte drei bis fünf Prozent der Amerikaner:innen sind von BED betroffen, was bis zu 16.6 Millionen Menschen sein können. Der Hauptautor der Studie, Dr. Jason Nagata, fordert nun, dass die Gesundheitsdienstleister sich verstärkt auf LGBTI+ Jugendliche ausrichten sollen. So müsse ein Umfeld geschaffen werden, in welchem sich Jugendliche mit allen sexuellen Orientierungen oder Geschlechtsidentitäten wohl und angesprochen fühlen. Die Betreuung und Unterstützung von Jugendlichen mit Essstörungen sei essentiell, so Nagata weiter. Am besten seien Behandlungen, welche neben der Ernährung, auch die psychische Gesundheit und die Medizin miteinbeziehen.
Neben der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität ist offenbar auch das gesellschaftliche Umfeld ein wesentlicher Faktor, welcher das Risiko für Binge-Eating-Disorder BED erhöht. So zeigte sich, dass einkommensschwächere Familien mit weniger als 75‘000 Dollar Einkommen ebenfalls doppelt so häufig von BED betroffen sind als jene, welche über mehr als 75‘000 Dollar verfügen. Dieser Gehalt entspricht dem durchschnittlichen Familieneinkommen in den USA.
Die Studie wurde unter dem Titel The social epidemiology of binge-eating disorder and behaviors in early adolescents veröffentlicht. Dazu wurden die Daten von 10‘000 Jugendlichen im Alter zwischen 10 und 14 Jahren untersucht, welche im Rahmen einer Langzeitstudie unter dem Titel Adolescent Brain Cognitive Development Study im Jahr 2020 in den USA gesammelt wurden.
Dr. Jason Nagata von der University of California in San Francisco hat mit seinem Team in der jüngeren Vergangenheit bereits mehrere Studien veröffentlicht, welche sich mit der Gesundheit von queeren Jugendlichen befasst, und dabei auch versucht die Unterschiede zu heterosexuellen Jugendlichen aufzuzeigen und zu untersuchen. Unter der der aktuellen Regierung Trump wurden die finanziellen Mittel für solche Untersuchungen drastisch zusammengestrichen. Auch auf den offiziellen Webseiten der Regierung wurden Studien entfernt, welche sich mit sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten befassen.
Brauchst Du Hilfe und möchtest Du mit jemandem sprechen? Hier findest Du Hilfe:
Die Schweizer LGBT+ Helpline steht Dir unter der Nummer 0800 133 133 kostenlos zur Verfügung. Mehr Infos: lgbt-helpline.ch
Weitere Information erhältst Du auch unter:
Du-bist-du.ch: Beratung und Information
Milchjugend: Übersicht über queere Jugendgruppen
Transgender Network Switzerland: Dachorganisation für trans Menschen
LOS: Lesbenorganisation Schweiz
Pink Cross: Dachorganisation schwuler und bisexueller Männer