ASERBAIDSCHAN: 9 Jahre und sechs Monate Gefängnis für Mord an schwulem Journalist

ASERBAIDSCHAN: 9 Jahre und sechs Monate Gefängnis für Mord an schwulem Journalist
Nun wurde das milde Strafmass für den Mord an einem bekannten, schwulen Journalisten bekanntgegeben, der von seinem eigenen Cousin auf brutalste Weise ermordet wurde. LGBTI+ Aktivist:innen und Medien haben sich zuvor an die Öffentlichtkeit gewandt, da sie als Beobachter vom Gerichtsprozess ausgeschlossen wurden.

Achtung: Der folgende Bericht enthält Details über LGBTI+ feindliche Gewalt.

Aserbaidschan bildet seit Jahren das Schlusslicht innerhalb Europas, wenn es um die Rechte von queeren Menschen geht. Dass sich eben dies verbessert, dafür hat sich der bekannte schwule Journalist Avaz Hafizli Zeit seines Lebens eingesetzt. Er war mutig und hatte nicht nur sein öffentliches Coming out, sondern, er prangerte auch offen die Untätigkeit der Regierung und der Polizei an, welche nichts zum Schutz der LGBTI+ Community unternahm.

Durch seinen Einsatz hatte er auch viele Feinde, selbst innerhalb seiner Familie. Er wurde massiv bedroht, und am 22. Februar setzte sein Cousin Amrulla Gulaliyev diese Drohungen in die Tat um. Er ermordete Hafizli mit einem Messer, wickelte die Leiche in einen Teppich und warf sie in einen Abfallcontainer. Dort wurde er gefunden, und wie LGBTI+ Aktivist:innen erklärten, wurde er in einem Wagen der Abfallentsorgung in die Leichenhalle gefahren.

Der Cousin ging dabei äusserst brutal vor, denn er enthauptete sein Familienmitglied nicht nur, sondern schnitt ihm auch noch den Penis ab. Wie Freunde erklärten, zeige dies deutlich, was Gulaliyev von seinem Cousin hielt: Du bist kein Mann, weshalb brauchst Du dann einen Penis.

Das Gericht hat nun das Strafmass für Amrulla Gulaliyev bekanntgegeben: Neun Jahre und sechs Monate Haft. Damit sind die Richter zwar am oberen Rand für Mord, das Gesetz sieht dafür eine Höchststrafe von zehn Jahren vor, doch die Richter hätten bis zwanzig Jahre gehen können, wenn sie die äusserste Brutalität der Tat anerkannt hätten.

Dies war es auch, was die LGBTI+ Aktivist:innen gefordert haben: Dass das Gericht die Schwere der Tat anerkennt, und auch das Motiv des Hass und den Umstand, dass es sich um ein Familienmitglied handelt, miteinbezieht. Die Aktivist:innen wurden allerdings, wie auch die Medien, grösstenteils vom Prozess ausgeschlossen, obwohl es eigentlich ein öffentlicher Gerichtsprozess war. Deshalb haben sie auch öffentlich dagegen protestiert und die internationale Gemeinschaft um Hilfe gebeten - aber zwecklos.

Während den Anhörungen erklärte Amrulla Gulaliyev dem Gericht, dass er Avaz Hafizli gesagt habe, dass er wieder auf den richtigen Weg zurückkehren soll. Damit meinte er, dass Hafizli "aufhören soll, schwul zu sein." Hafizli habe ihm aber nur geantwortet, dass das sein Leben sei, und er solle sich auch einfach nur um seine Arbeit kümmern. Gulaliyev erklärte darauf weiter, dass er dann ein Messer genommen und ihn attackiert habe.

Nach dem Urteil richteten LGBTI+ Aktivist:innen aus Aserbaidschan einen dringenden Hilferuf an die Weltöffentlichkeit: Die Schuldigen am Tod von Avaz Hafizli sind die Gesellschaft, die Regierung in Aserbaidschan und die Sicherheitsorgane des Landes. Jedes Jahr werden Dutzende von queeren Menschen ermordet, weil sie LGBTI+ sind. Wie viele Menschen müssen noch ihr Leben verlieren, bis endlich ihre Sicherheit und ihre Rechte garantiert werden? Wer wird wohl als nächstes umgebracht?

In der aktuellen Krise rund um die Verfügbarkeit von Erdgas und Erdöl haben sich westliche Regierungen auch an Aserbaidschan gewandt, um ihre Abhängigkeiten von den russischen Rohstoffen zu verringern. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierungen dieses Thema ebenfalls ansprechen, wenn sie mit Aserbaidschan verhandeln.